Frage an das Gehirn
Was passiert nach dem Schlaganfall?
Veröffentlicht: 21.07.2019
Ein Hirninfarkt lässt zunächst eine Narbe zurück, sagen die Ärzte. Unsere Leserin Beate R. möchte es genauer wissen: Woraus besteht diese Narbe und was geschieht im Laufe der Zeit mit dem toten Hirngewebe?
Die Antwort der Redaktion lautet:
Roland Veltkamp, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Alfried Krupp Krankenhaus, Professor of Neurology and Chair of Stroke Medicine am Imperial College London und Leitlinienautor der Deutschen Gesellschaft für Neurologie:
Nach einem Schlaganfall fehlt Sauerstoff in den betroffenen Teilen des Gehirns. Innerhalb von Minuten sterben im Infarktkern Nervenzellen ab, danach weitere, etwas weniger empfindliche Zellarten wie das Stützgewebe, die Astrozyten, und Oligodendrozyten, welche die großen Nervenbahnen ummanteln.
Aus der Untersuchung der Gehirne verstorbener Patienten wissen wir, dass es dann zu einem Verfall des Gewebes kommt. Wir sehen eine Verfärbung (eosinophile Degeneration), und es wird Wasser in das Gewebe eingelagert (ödematöse Auflockerung).
Ab dem zweiten Tag kommt es zu einer massiven Entzündungsreaktion. Daran beteiligt sind Fresszellen, die bereits im Gehirn sitzen (Mikroglia) sowie solche in der Blutbahn (Makrophagen), die zusammen mit anderen Entzündungszellen ins Gehirn einwandern. Gemeinsam wird der Infarkt – das geschädigte Gewebe – quasi abgeräumt./p>
Nun gibt es, abhängig von dem betroffenen Gewebe, unterschiedliche Arten von Infarkten. Beim Gehirn, das einen relativ hohen Fettanteil hat, kommt es zu einer Verflüssigung des Gewebes (Kolliquationsnekrose), und es sprießen dann Blutgefäße aus der Umgebung in das betroffene Areal ein.
Nach einigen Tagen bis mehreren Wochen bildet sich dann als drittes Stadium ein Substanzdefekt. Dies ist eine Narbe, die aber nicht wie in der Haut von Bindegewebszellen gebildet wird, sondern von Gliazellen, den Stützzellen des Gehirns. Das Gewebe erscheint in der Bildgebung (zum Beispiel in der Kernspintomografie) aufgelockert, als wären da mehrere kleine Löcher (Lakunen) oder ein größeres (Pseudozyste).
In unterschiedlichen Ausmaß erholen sich viele Schlaganfallpatienten zum Glück wieder von dem Infarkt. Nach unserem bisherigen Wissen geschieht dies aber nicht durch die Neubildung von Nervenzellen, sondern eher dadurch, dass die ausgefallenen Funktionen von anderen Hirnarealen und neu arrangierten Netzwerken von Nervenzellen übernommen werden.
aufgezeichnet von Michael Simm
Schlaganfall
Schlaganfall/Apoplexia cerebri/stroke
Bei einem Schlaganfall werden das Gehirn oder Teile davon zeitweilig nicht mehr richtig mit Blut versorgt. Dadurch kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und dem Energieträger Glukose. Häufigster Auslöser des Schlafanfalls ist eine Verengung der Arterien. Zu den häufigsten Symptomen zählen plötzliche Sehstörungen, Schwindel sowie Lähmungserscheinungen. Als Langzeitfolgen können verschiedene Arten von Gefühls– und Bewegungsstörungen auftreten. In Deutschland ging 2006 jeder dritte Todesfall auf einen Schlaganfall zurück.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Mikroglia
Mikroglia/-/microglia
Der kleinste Typ der Gliazellen ist Teil des zellulären Immunsystems und unter anderem zuständig für die Entfernung abgestorbener Neurone. Mikroglia können sich amöbenartig fortbewegen.