Frage an das Gehirn

Was ist das autonome Nervensystem?

Fragesteller/in: Angelika aus Freiburg

Veröffentlicht: 16.06.2024

Wozu brauchen wir eigentlich ein autonomes Nervensystem? Reicht denn nicht ein Nervensystem für alles?  

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. med. Janne Gierthmühlen, Interdisziplinäre Schmerz- und Palliativambulanz, Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel: Das autonome Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle in unserem täglichen Leben, indem es viele lebenswichtige Funktionen steuert, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen. Es reguliert unseren Herzschlag, unsere Atmung und kontrolliert, wie unser Verdauungssystem arbeitet. Diese automatische Steuerung ermöglicht es, uns auf andere Aufgaben zu konzentrieren, ohne ständig über diese grundlegenden Prozesse nachdenken zu müssen.

Ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung des autonomen Nervensystems ist die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion. Stellen Sie sich vor, Sie stehen plötzlich einem aggressiven Hund gegenüber. Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen, Ihre Muskeln spannen sich an, Ihr Atem wird schneller. Diese Reaktion wird durch das autonome Nervensystem ausgelöst, um den Körper auf eine schnelle Flucht oder einen Kampf vorzubereiten. Diese unwillkürliche Reaktion kann in lebensbedrohlichen Situationen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.

Das autonome Nervensystem besteht aus zwei Hauptteilen: dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem. Der sympathische Teil ist bekannt für seine Rolle in Stress- und Notfallsituationen, während der parasympathische Teil den Körper in Ruhe- und Erholungsphasen unterstützt.

Anatomisch gesehen besteht das autonome Nervensystem aus einem Netzwerk von Nerven, die vom Gehirn und Rückenmark zu verschiedenen Organen im Körper verlaufen. Es verwendet verschiedene Neurotransmitter, um Signale zu übermitteln. Die wichtigsten Neurotransmitter sind Acetylcholin und Noradrenalin. Acetylcholin wird hauptsächlich vom parasympathischen System verwendet, um Entspannung und die Verdauung zu fördern. Noradrenalin hingegen wird vom sympathischen System freigesetzt, um den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen.

Ein Beispiel für die Funktion des sympathischen Nervensystems ist die Erhöhung der Herzfrequenz und die Erweiterung der Bronchien in den Lungen während körperlicher Aktivität oder Stress. Diese Reaktionen ermöglichen eine bessere Sauerstoffversorgung des Körpers und bereiten ihn auf erhöhte Leistungsfähigkeit vor. Der parasympathische Teil dagegen reduziert die Herzfrequenz und fördert die Verdauung, indem er die Aktivität des Magen-Darm-Trakts steigert. So sorgt er für Entspannung und Regeneration nach stressigen Ereignissen.

Zusammengefasst ist das autonome Nervensystem ein komplexes und lebenswichtiges System, das viele unbewusste Körperfunktionen reguliert. Es besteht aus zwei Gegenspielern, dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem, die eng zusammenarbeiten, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. Ohne das autonome Nervensystem wären wir nicht in der Lage, auf plötzliche Gefahren zu reagieren oder uns nach anstrengenden Aktivitäten zu erholen. Es ist der unbewusste Dirigent im Körper, der sicherstellt, dass alle lebenswichtigen Prozesse harmonisch ablaufen.

Aufgezeichnet von Johanna Rümenapp

Autonomes Nervensystem

Autonomes Nervensystem/-/autonomous nervous system

Der Teil des Nervensystems, der die Vitalfunktionen – wie Atmung, Herzschlag, Blutdruck – steuert. Unterteilt wird das autonome Nervensystem in einen sympathischen, anregenden, und einen parasympathischen, entspannenden Bereich.

Autonomes Nervensystem

Autonomes Nervensystem/-/autonomous nervous system

Der Teil des Nervensystems, der die Vitalfunktionen – wie Atmung, Herzschlag, Blutdruck – steuert. Unterteilt wird das autonome Nervensystem in einen sympathischen, anregenden, und einen parasympathischen, entspannenden Bereich.

Parasympathicus

Parasympathicus/-/parasympathetic nervous system

Der Parasympathicus ist ein Teil des vegetativen oder autonomen Nervensystems. Letztere Bezeichnung spielt darauf an, dass dieser Teil des Nervensystems nicht dem Willen unterworfen ist. Er kontrolliert die Aktivitäten eines Großteils der innneren Organe sowie den Blutkreislauf. Im Gegensatz zu seinem Gegenspieler, dem Sympathicus, ist der Parasympathicus am aktivsten, wenn der Organismus sich in Ruhe befindet. Er steuert unter anderem die Verdauung und das Harnlassen. Als Botenstoff für die Signalübertragung innerhalb des Parasympathicus dient Acetylcholin.

Parasympathicus

Parasympathicus/-/parasympathetic nervous system

Der Parasympathicus ist ein Teil des vegetativen oder autonomen Nervensystems. Letztere Bezeichnung spielt darauf an, dass dieser Teil des Nervensystems nicht dem Willen unterworfen ist. Er kontrolliert die Aktivitäten eines Großteils der innneren Organe sowie den Blutkreislauf. Im Gegensatz zu seinem Gegenspieler, dem Sympathicus, ist der Parasympathicus am aktivsten, wenn der Organismus sich in Ruhe befindet. Er steuert unter anderem die Verdauung und das Harnlassen. Als Botenstoff für die Signalübertragung innerhalb des Parasympathicus dient Acetylcholin.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Neurotransmitter

Neurotransmitter/-/neurotransmitter

Ein Neurotransmitter ist ein chemischer Botenstoff, eine Mittlersubstanz. An den Orten der Zell-​Zellkommunikation wird er vom Senderneuron ausgeschüttet und wirkt auf das Empfängerneuron erregend oder hemmend.

Acetylcholin

Acetylcholin/-/acetylcholine

Acetylcholin ist einer der wichtigsten Neurotransmitter, also der Botenstoffe im Gehirn. Es ist unter anderem verantwortlich für die Muskelkontraktion, da es die Übertragung zwischen Nerv und Muskel an den sogenannten neuromuskulären Endplatten vermittelt. Es war der erste der chemischen Botenstoffe, der entdeckt wurde – 1921, am Herzen eines Frosches durch Otto Loewi.

Noradrenalin

Noradrenalin/-/noradranalin

Gehört neben Dopamin und Adrenalin zu den Catecholaminen. Es wird im Nebennierenmark und in Zellen des Locus coeruleus produziert und wirkt meist anregend. Noradrenalin wird oft mit Stress in Verbindung gebracht.

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