Neue Erkenntnisse über Immunzellen im Zusammenhang mit Neurodegeneration

Forschende des DZNE sowie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn liefern neue Belege dafür, dass die Eindämmung entzündlicher Prozesse im Gehirn ein aussichtsreicher Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung ist. Ihre Ergebnisse, die auf Studien an Zellkulturen, Mäusen und menschlichen Gewebeproben beruhen, könnten zur Entwicklung wirksamerer Therapien beitragen. Sie sind in der Fachzeitschrift „Immunity“ veröffentlicht.
Veröffentlicht: 04.02.2025
Alzheimer, die häufigste Demenzerkrankung, geht mit der Ablagerung von Proteinen einher, die sich im Gehirn zwischen den Nervenzellen ablagern. Die Verklumpung dieser Eiweißstoffe – sie werden „Amyloid-Beta“ genannt – löst eine Kette von Ereignissen aus, die schließlich Nervenzellen schädigen und deren Absterben herbeiführen. „Die Alzheimer-Erkrankung beinhaltet ein komplexes Zusammenwirken verschiedener Mechanismen. Einer davon ist die Neuroinflammation. Damit haben wir uns in unseren Studien befasst. Konkret haben wir einen molekularen Komplex namens NLRP3-Inflammasom pharmakologisch manipuliert. Dieser kommt in den Mikroglia vor, das sind die Immunzellen des Gehirns“, sagt Dr. Róisín McManus, Forschungsgruppenleiterin am DZNE, Wissenschaftlerin am Institut für Angeborene Immunität des UKB und Mitglied im Exzellenzcluster „ImmunoSensation2“ der Universität Bonn.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Mikroglia
Mikroglia/-/microglia
Der kleinste Typ der Gliazellen ist Teil des zellulären Immunsystems und unter anderem zuständig für die Entfernung abgestorbener Neurone. Mikroglia können sich amöbenartig fortbewegen.
Bisher unbekannte Signalwege
Das „NLRP3-Inflammasom“ wirkt wie ein Kontrollschalter: Bei der Alzheimer-Erkrankung löst seine Aktivierung Entzündungsprozesse aus (sogenannte Neuroinflammation) die Nervenzellen schädigen. Aus diesem Grund suchen Forschende nach Möglichkeiten, diesen molekularen Komplex mithilfe von „Inhibitoren“, speziellen Pharmastoffen, zu inaktivieren. Die aktuellen Ergebnisse stützen diesen Ansatz. „Es ist bekannt, dass die Inhibition von NLRP3 nicht nur die Neuroinflammation verringert, sondern auch die Mikroglia dabei unterstützt, die schädlichen Ablagerungen von Amyloid-Beta zu beseitigen. Diesen Vorgang nennt man Phagozytose. Das Neue an unseren Erkenntnissen ist, dass sie ein besseres Verständnis für die wichtige Rolle von NLRP3 in Mikroglia vermitteln und wir haben auch festgestellt, warum sich dessen Inhibition so positiv auswirkt“, sagt McManus. “In unseren Studien haben wir bisher unbekannte Signalwege entdeckt, die von NLRP3 beeinflusst werden. Insbesondere haben wir herausgefunden, dass NLRP3 steuert, wie Mikroglia Nährstoffe verwerten und wie diese Nährstoffe auf Gene wirken, die eine entscheidende Rolle für die Funktion der Mikroglia spielen. Das ist sehr bedeutsam für deren Fähigkeit zur Phagozytose. Diese Erkenntnisse könnten bei der Entwicklung von Therapien gegen Demenz hilfreich sein. Unsere Forschungsergebnisse zeigen jedenfalls, dass NLRP3 ein vielversprechendes Ziel für die Behandlung der Alzheimer-Erkrankung ist.“
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Hemmung
Hemmung/-/inhibition
Die neuronale Inhibition, oder auch Hemmung umschreibt das Phänomen, dass ein Senderneuron einen Impuls zum Empfängerneuron sendet, der bei diesem dazu führt, dass seine Aktivität herabgesetzt wird. Der wichtigste hemmende Botenstoff ist GABA.
Mikroglia
Mikroglia/-/microglia
Der kleinste Typ der Gliazellen ist Teil des zellulären Immunsystems und unter anderem zuständig für die Entfernung abgestorbener Neurone. Mikroglia können sich amöbenartig fortbewegen.
Gen
Gen/-/gene
Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.
Demenz
Demenz/Dementia/dementia
Demenz ist ein erworbenes Defizit kognitiver, aber auch sozialer, motorischer und emotionaler Fähigkeiten. Die bekannteste Form ist Alzheimer. „De mentia“ bedeutet auf Deutsch „ohne Geist“.
Ein internationales Unterfangen
Die Bonner Fachleute kooperierten bei diesem Projekt mit dem Luxembourg Centre for Systems Biomedicine, der University of California San Diego, der Technischen Universität Braunschweig, Novartis Switzerland sowie anderen Institutionen in Europa und darüber hinaus.
originalpublikation
NLRP3-mediated glutaminolysis controls microglial phagocytosis to promote Alzheimer’s disease progression
Róisín McManus et al.; Immunity (2025).
DOI: 10.1016/j.immuni.2025.01.007