Das Gehirn des Genies
Ein paar Schnitte durchs Gehirn und schon offenbart sich der Ursprung für Genialität – so die Hoffnung vieler Hirnforscher. Doch ganz so einfach ist es nicht. Dennoch zeigt das Zusammenspiel beider Gehirnhälften, wozu der Mensch fähig ist.
Scientific support: Prof. Dr. Elsbeth Stern
Published: 01.10.2017
Difficulty: intermediate
- 1856 begann mit der Untersuchung des Gehirns des deutschen Mathematikers Carl Friedrich Gauß die systematische Erforschung der Gehirne von Ausnahmepersönlichkeiten.
- Albert Einsteins Gehirn ist das wohl meist untersuchte Gehirn der Hirnforschung: Seine beiden Hirnhälften waren außergewöhnlich stark miteinander verknüpft, der Hirnbalken, der so genannte Corpus callosum war sehr ausgeprägt und es zeigte sich eine hohe Zahl an Gliazellen. Eindeutige Beweise für Einsteins Genialität sind diese Entdeckungen jedoch nicht.
- Viele Genies litten unter psychischen Störungen. Albert Einstein und Jazz-Pianist Thelonious Monk hatten vermutlich das Aspergersyndrom, Bei manchen Savants ist der orbitofrontale Cortex im linken vorderen Schläfenlappen geschädigt. Dies kann eine Erklärung dafür sein, warum diese Menschen plötzlich eine außergewöhnliche Inselbegabung entwickeln. Das Savant-Syndrom kann auch plötzlich nach einem Unfall oder Schlaganfall auftreten. Die Menschen sind nach einer Hirnschädigung, besonders der linken Hirnhälfte, häufig besonders kreativ oder musikalisch.
- Kreativer Rausch durch Reizüberflutung: Die Gehirne Hochkreativer filtern viele unwichtige Informationen nicht aus. Diese fehlende „Latente Inhibition” führt bei ihnen zu kreativen Höchstleistungen.
Corpus callosum
Balken/Corpus callosum/corpus callosum
Als größte Kommissur (Verbindung im Gehirn) verbindet das Corpus callosum (Balken) die beiden Großhirnhemisphären. Es besteht aus 250 Millionen Nervenfasern und dient dem Informationsaustausch.
Gliazellen
Gliazellen/-/glia cells
Gliazellen stellen neben den Neuronen die zweite Gruppe große Gruppe von Zellen im Gehirn. Sie wurden lange Zeit als die inaktiven Elemente des Gehirns, als „Nervenkitt“ bezeichnet. Heute weiss man, dass die verschiedenen Typen von Gliazellen (Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikrogliazellen) klar definierte Aufgaben im Nervensystem erfüllen. So reagieren sie z. B. auf Krankheitserreger, spielen eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Nervenzellen oder isolieren Nervenfasern. Ihr Anteil im Vergleich zu den Neuronen liegt bei etwas über 50 Prozent.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Temporallappen
Temporallappen/Lobus temporalis/temporal lobe
Der Temporallappen ist einer der vier großen Lappen des Großhirns. Auf Höhe der Ohren gelegen erfüllt er zahlreiche Aufgaben – zum Temporallappen gehören der auditive Cortex genauso wie der Hippocampus und das Wernicke-Sprachzentrum.
Inselbegabung
Inselbegabung/-/savant syndrome
Die Inselbegabung ist ein seltenes Phänomen, bei dem Menschen mit kognitiven Defiziten auf einem oder mehreren sehr begrenzten Gebieten ganz erstaunliche Fähigkeiten besitzen – zum Beispiel sechsstellige Primzahlen zu nennen oder nach einem Flug über eine Stadt diese aus dem Gedächtnis korrekt bis in die Einzelheiten zu zeichnen. Der wohl bekannteste Inselbegabte war Kim Peek, das Vorbild für den Film „Rain Man“.
Inselbegabung
Inselbegabung/-/savant syndrome
Die Inselbegabung ist ein seltenes Phänomen, bei dem Menschen mit kognitiven Defiziten auf einem oder mehreren sehr begrenzten Gebieten ganz erstaunliche Fähigkeiten besitzen – zum Beispiel sechsstellige Primzahlen zu nennen oder nach einem Flug über eine Stadt diese aus dem Gedächtnis korrekt bis in die Einzelheiten zu zeichnen. Der wohl bekannteste Inselbegabte war Kim Peek, das Vorbild für den Film „Rain Man“.
Schlaganfall
Schlaganfall/Apoplexia cerebri/stroke
Bei einem Schlaganfall werden das Gehirn oder Teile davon zeitweilig nicht mehr richtig mit Blut versorgt. Dadurch kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und dem Energieträger Glukose. Häufigster Auslöser des Schlafanfalls ist eine Verengung der Arterien. Zu den häufigsten Symptomen zählen plötzliche Sehstörungen, Schwindel sowie Lähmungserscheinungen. Als Langzeitfolgen können verschiedene Arten von Gefühls– und Bewegungsstörungen auftreten. In Deutschland ging 2006 jeder dritte Todesfall auf einen Schlaganfall zurück.
Ein aus Kentucky stammende Pathologe setzte sich über den eigentlichen Wunsch des Jahrhundertgenies Albert Einstein hinweg: Thomas Harvey machte sich 1955 gleich nach dem Tod Einsteins ans Werk. Er entnahm das Gehirn, zerkleinerte es in 240 Würfel und brachte es in zwei Einmachgläsern unter. Später fertigte er Dünnschnitte fürs Mikroskop an. Eigentlich wollte Einstein nach seinem Tod verbrannt werden. Und im Grunde hatte Harvey gar keine besondere Kompetenz auf dem Gebiet der Hirnanatomie. Ein Autor formuliert es gar so, dass damals ein „unbedarfter Mann durch Zufall in den Besitz eines Schatzes geraten ist, der ihn in jeder Hinsicht überfordert.“ Wohl auch aufgrund dieser eigenwilligen Entscheidung verlor Harvey bald seine Approbation und musste sich von nun an als Fabrikarbeiter durchschlagen. Auch wenn nicht ganz klar ist, ob es Einsteins Wille gewesen ist, sein Gehirn wissenschaftlich untersuchen zu lassen – Harvey holte sich nachträglich von Einsteins Söhnen das Einverständnis dafür. Die nächsten Jahrzehnte verbrachte er damit, andere Forscher für das Denkorgan des angesehenen Physikers zu begeistern, doch nur wenige interessierten sich dafür. Nach 42 Jahren landete Einsteins Gehirn wieder in der Pathologie in Princeton und in einem Museum in Chicago. Harvey starb 2007.
Nach dem Tod leben die Gehirne einiger bedeutender Persönlichkeiten weiter: in Form von Forschungsobjekten, in anatomischen Sammlungen, auf Zeichnungen, Fotografien und Computerbildern – stets mit der Hoffnung, die Genialität dieser Menschen mit der Form und Struktur des Gehirns erklären zu können.
Viele Studien haben sich inzwischen mit dem blumenkohlgroßen Klumpen befasst und immer war es ein anderes Merkmal, das als möglicher Ursprung der Genialität Beachtung fand. Einige Gehirne, wie etwa das von Albert Einstein oder Carl Friedrich Gauß, lagen jahrzehntelang unbeachtet im Schrank, bis man sie schließlich mit Hilfe der Magnetresonanz-Tomographie erneut untersuchte. Besonders beim Gehirn von Albert Einstein erhoffte man sich Antworten auf die ganz großen Fragen.
Ein Blick ins geniale Gehirn
Die systematische Erforschung der Gehirne von Ausnahmepersönlichkeiten begann 1856. Damals konservierte der Physiologe Rudolf Wagner das Gehirn des kurz zuvor verstorbenen deutschen Mathematikers Carl Friedrich Gauß, der so etwas wie der Einstein seiner Zeit war. Es war der Startschuss für die Erforschung der Gehirne zahlreicher Gelehrter, Künstler und Politiker. Die Untersuchung von Gauß' Gehirn zeigte tatsächlich hinsichtlich der Hirnwindungen ein außergewöhnliches Gehirn, aber ihre Form und Anordnungen waren nicht spezifisch und erklärten nicht seine außerordentlichen Fähigkeiten.
Etwa 100 Jahre später erhoffte man sich bei dem heute wohl berühmtesten Gehirn neue Erkenntnisse: Das Gehirn von Albert Einstein wurde gewogen, kartiert und schon kurz nach seinem Tod in einzelne Gewebeblöcke und Schnitte aufgeteilt. Mit 1,22 Kilogramm war es rund 145 Gramm leichter als vergleichbare Männergehirne, aber sonst gab es nichts Auffälliges. Lange Zeit wurde das Gehirn, welches nun in 240 Würfel in aller Welt verstreut war, kaum beachtet. Erst 1999 erregte eine erneute Untersuchung Aufsehen, bei der Sandra Witelson von der McMaster University in Hamilton, Ontario feststellte, dass ein Teil der Furche, die normalerweise durch den Parietallappen verläuft (Sylvische Fissur), bei Einstein fehlte. Von Arealen im Parietallappen hängen unter anderem sowohl mathematische Fähigkeiten ab, als auch das räumliche Vorstellungsvermögen. Sofort wurde die ungewöhnliche Ausformung mit Einsteins Genialität in Verbindung gesetzt. Allerdings fand man diese Besonderheit auch bei Persönlichkeiten, die keine besonders außergewöhnlichen mathematischen Fähigkeiten besaßen, so dass die fehlende Sylvische Furche letztendlich keine stichhaltige Begründung für Einsteins Genialität liefert.
Zumindest aber haben US-amerikanische und chinesische Forscher 2013 in einer Studie festgestellt, dass Einsteins Hirnhälften außergewöhnlich stark miteinander verknüpft waren. Einstein besaß im Vergleich zu anderen Gehirnen einen ausgeprägteren Hirnbalken, der so genannte Corpus callosum. Die querverlaufende Struktur aus Nervenfasern verbindet beide Gehirnhälften miteinander. Auch die Gliazellen fanden neue Beachtung. Lange galten sie nur als „Kitt-Zellen“, die wie eine Art Leim die Neuronen zusammenhalten. Es gibt aber Hinweise darauf, dass sie mit den Neuronen kommunizieren und diese anregen könnten. Die Gliazellen fördern also ganz allgemein die Gehirnfunktion: Je mehr davon in der Hirnrinde, desto mehr leistet auch das Gehirn. Und tatsächlich fand man auch in Einsteins Gehirn im Verhältnis zu den Nervenzellen eine hohe Zahl an Gliazellen. Aber auch hier ist Vorsicht bei der Deutung geboten: Der Überschuss an Gliazellen muss nicht die Ursache von Einsteins genialen Gedanken gewesen sein; es könnte sich auch nur um eine einfache Korrelation handeln.
Auf eine andere Spur gelangt der Genieforscher, wenn er sich weitere geniale Persönlichkeiten anschaut. Vielen Berühmtheiten wird nachgesagt, dass sie psychisch auffällig waren. „Genie und Wahnsinn“ liegen nah beieinander, so hört man oft. Tatsächlich „litten“ Genies wie Glenn Gould, der große Jazz-Pianist Thelonious Monk und möglicherweise auch Albert Einstein unter dem Aspergersyndrom, einerVariante des Autismus. Dies vermutete zumindest der Cambridge-Professor Simon Baron-Cohen. Charakteristisch für das Asperger-Syndrom sind nämlich ebenfalls Schwierigkeiten, soziale Interaktionen zu verstehen, jedoch sind die Betroffenen sehr gut darin, Objekte zu klassifizieren und Details zu bemerken, wie Baren-Cohen beobachtete.
Savants – Menschen mit außergewöhnlicher Begabung
Wer sich für das Wesen der Genialität interessiert, stößt früher oder später auch auf das Phänomen der Inselbegabung. Die betroffenen Menschen (Savants) haben eine kognitive Behinderung oder eine anderweitige Entwicklungsstörung, sie können aber gleichwohl sehr spezielle außergewöhnliche Leistungen in einem kleinen Teilbereich vollbringen. Sie spielen etwa perfekt ein oder mehrere Musikinstrumente – ohne je Musikunterricht gehabt zu haben. Manche sprechen Dutzende von Sprachen, andere rechnen schneller als ein Taschenrechner, können sich aber beispielsweise nicht selbst die Schuhe zubinden. Etwa die Hälfte aller bekannten Inselbegabten sind zudem autistisch.
Inselbegabung
Inselbegabung/-/savant syndrome
Die Inselbegabung ist ein seltenes Phänomen, bei dem Menschen mit kognitiven Defiziten auf einem oder mehreren sehr begrenzten Gebieten ganz erstaunliche Fähigkeiten besitzen – zum Beispiel sechsstellige Primzahlen zu nennen oder nach einem Flug über eine Stadt diese aus dem Gedächtnis korrekt bis in die Einzelheiten zu zeichnen. Der wohl bekannteste Inselbegabte war Kim Peek, das Vorbild für den Film „Rain Man“.
Künstler nach Schlaganfall
Beim Blick ins Gehirn mithilfe eines MRTs zeigt sich tatsächlich eine Besonderheit: Der Hirnbalken, der bei Einstein noch so fabelhaft ausgebildet war, fehlt bei einigen Savants. Dass dies allein der Grund für deren besondere Begabung ist, scheint jedoch unwahrscheinlich. Es gibt Menschen, die ebenfalls ohne Balken im Gehirn auskommen, aber keine besonders auffälligen Fähigkeiten zeigen. Zudem ist das Savant-Syndrom nicht immer angeboren. Immer wieder sorgen Fälle für Aufsehen, wo sich jemand etwa nach einem Unfall oder Schlaganfall von heut auf morgen radikal verändert. Wie zum Beispiel der ehemalige Bauarbeiter Tommy McHugh aus England. Als dieser eine Hirnblutung erlitt und nach der OP aus dem Krankenhaus entlassen wurde, überkam ihm plötzlich der unstillbare Drang zu zeichnen und zu malen. Für den Bauarbeiter, der häufig wegen Drogenmissbrauch und Gewaltdelikten im Gefängnis gesessen und sich bisher nicht für Kunst interessiert hatte, eher ungewöhnlich. Bis zu seinem Tod 2012 schuf er Bilder wie am Fließband.
Inselbegabung
Inselbegabung/-/savant syndrome
Die Inselbegabung ist ein seltenes Phänomen, bei dem Menschen mit kognitiven Defiziten auf einem oder mehreren sehr begrenzten Gebieten ganz erstaunliche Fähigkeiten besitzen – zum Beispiel sechsstellige Primzahlen zu nennen oder nach einem Flug über eine Stadt diese aus dem Gedächtnis korrekt bis in die Einzelheiten zu zeichnen. Der wohl bekannteste Inselbegabte war Kim Peek, das Vorbild für den Film „Rain Man“.
Schlaganfall
Schlaganfall/Apoplexia cerebri/stroke
Bei einem Schlaganfall werden das Gehirn oder Teile davon zeitweilig nicht mehr richtig mit Blut versorgt. Dadurch kommt es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und dem Energieträger Glukose. Häufigster Auslöser des Schlafanfalls ist eine Verengung der Arterien. Zu den häufigsten Symptomen zählen plötzliche Sehstörungen, Schwindel sowie Lähmungserscheinungen. Als Langzeitfolgen können verschiedene Arten von Gefühls– und Bewegungsstörungen auftreten. In Deutschland ging 2006 jeder dritte Todesfall auf einen Schlaganfall zurück.
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Schäden im Gehirn als Ursache für Genialität?
Man weiß, dass bei einigen solcher Savants die linke Hirnhälfte geschädigt ist, genauer gesagt der orbitofrontale Cortex im linken vorderen Schläfenlappen. Zwar kursieren viele Mythen über die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Hirnhälften [siehe Linke und rechte Hirnhälfte – verschiedene Welten?]. Die linke Hemisphäre ist jedoch unzweifelhaft spezialisiert auf viele Sprachprozesse, während räumliches Denken, Zahlenverständnis oder Gesichtserkennung eher rechts angesiedelt sind. Dies hat zu der Vorstellung geführt, dass bei manchen Savants die rechte Seite die Defizite der linken auszugleichen versucht, in dem neue Hirnbereiche benutzt werden. Manche Forscher vermuten auch, dass die rechte Hälfte durch die Verletzung plötzlich wie „befreit“ ist von der sonst dominanten linken Seite und dadurch die „schlummernden“ Fähigkeiten aktiviert werden. Fast scheint es, dass in uns allen ein künstlerisches Potenzial schlummert, welches nur durch eine kleine Hirnveränderung geweckt werden könnte.
Cortex
Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex
Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.
Temporallappen
Temporallappen/Lobus temporalis/temporal lobe
Der Temporallappen ist einer der vier großen Lappen des Großhirns. Auf Höhe der Ohren gelegen erfüllt er zahlreiche Aufgaben – zum Temporallappen gehören der auditive Cortex genauso wie der Hippocampus und das Wernicke-Sprachzentrum.
Hemisphäre
Hemisphäre/-/hemisphere
Großhirn und Kleinhirn bestehen aus je zwei Hälften – der rechten und der linken Hemisphäre. Im Großhirn sind sie verbunden durch drei Bahnen (Kommissuren). Die größte Kommissur ist der Balken, das Corpus callosum.
Kreativer Rausch durch Reizüberflutung
Die Besonderheit, dass Tommy McHugh nicht nur gemalt und gebildhauert, sondern auch gedichtet hat, also etwas, das von der linken Hirnhälfte gesteuert wird, ist dadurch nicht zu erklären. Wie viele hochkreative Menschen, schien auch McHugh wie in einem Rausch zu sein. Doch wie kommt es zu diesen kreativen Höchstleistungen? Normalerweise steuert der Schläfenlappen Verhaltensweisen wie Kontrollieren, Überdenken und Bewerten. Dadurch filtern wir Unwichtiges aus und konzentrieren uns auf das Wesentliche, auf die Eindrücke und Gedanken, die zur Bewältigung einer bestimmten Situation nötig sind. “Latente Inhibition” nennen Psychologen diese Fähigkeit. Tatsächlich ist bekannt, dass bei besonders kreativen Menschen diese latente Inhibition gering ist. Ähnlich arbeitete wohl auch McHughs verwandeltes Gehirn. Es kommt zu einer Überreizung, die zu ungewöhnlichen Gedankenverknüpfungen und somit zu kreativen Höchstleistungen führen kann. Womöglich wird dies durch eine Verletzung des Schläfenlappens verursacht. Auch der niederländische Maler Vincent van Gogh malte und dichtete am Ende seines Lebens wie im Rausch. Er litt möglicherweise an einer Schläfenlappen-Epilepsie.
So einfach scheint die Deutung von Struktur und Funktion in Bezug auf intellektuelle Fähigkeiten nicht zu sein. Zwar kann man bestimmte Denktätigkeiten einzelnen Hirnarealen zuordnen, deren Morphologie studieren, die elektrische Aktivität und den Energieverbrauch vermessen, oder die Verbindungen zwischen den beteiligten Hirnregionen darstellen. Doch das Denken selbst, der Ursprung menschlicher Einzigartigkeit, bleibt ungeklärt. Und von einer allgemein akzeptierten Theorie zum Ursprung der Genialität ist man trotz einiger Anhaltspunkte noch immer weit entfernt. Vielleicht braucht es dafür ja einen modernen Einstein, ein Jahrhundertgenie der Neurowissenschaft?
Temporallappen
Temporallappen/Lobus temporalis/temporal lobe
Der Temporallappen ist einer der vier großen Lappen des Großhirns. Auf Höhe der Ohren gelegen erfüllt er zahlreiche Aufgaben – zum Temporallappen gehören der auditive Cortex genauso wie der Hippocampus und das Wernicke-Sprachzentrum.
Hemmung
Hemmung/-/inhibition
Die neuronale Inhibition, oder auch Hemmung umschreibt das Phänomen, dass ein Senderneuron einen Impuls zum Empfängerneuron sendet, der bei diesem dazu führt, dass seine Aktivität herabgesetzt wird. Der wichtigste hemmende Botenstoff ist GABA.
Temporallappen
Temporallappen/Lobus temporalis/temporal lobe
Der Temporallappen ist einer der vier großen Lappen des Großhirns. Auf Höhe der Ohren gelegen erfüllt er zahlreiche Aufgaben – zum Temporallappen gehören der auditive Cortex genauso wie der Hippocampus und das Wernicke-Sprachzentrum.
Zum Weiterlesen:
- Spektrum der Wissenschaft: Dossier 2007, 3: Gehirn und Verstand: wie Genies denken und andere Einblicke in die Dimensionen des menschlichen Geistes
- Christian Ankowitsch: Warum Einstein niemals Socken trug (2016)
- Michael Hagner: Geniale Gehirne. Zur Geschichte der Elitegehirnforschung (2004)