Zum Lachen geboren

Menschen und viele Tiere sind von klein auf zu Späßen aufgelegt. Dabei ist das Zähne zeigen an sich eine gefährliche Drohgebärde und allenfalls dann friedlich, wenn es mit einem Lachen einhergeht. Dann allerdings signalisiert meist Spiel und Spaß. 

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Barbara Wild

Veröffentlicht: 28.02.2025

Niveau: leicht

Das Wichtigste in Kürze
  • Schon ab drei Monaten hat die Hälfte der Säuglinge ihren Humor entdeckt. 
  • Lustig finden Kleinkinder, wenn Sinneseindrücke ihre Erwartungen unterlaufen
  • Ab drei Jahren entdecken sie allerdings auch fiesen Humor: etwa das Auslachen und Ärgern
  • Den Humor von Erwachsenen finden Kinder nicht besonders witzig. 
  • Ratten kitzeln sich besonders gern, wenn sie lange einsam waren
  • In Erwartung des Kitzelns zeigen sie ambivalentes Verhalten wie bei einem gespielten Kampf
  • Lachen signalisiert, ob zwei Menschen als Freund oder Feind auseinandergehen. Ist es gehässig, stehen die Zeichen auf Konfrontation
Humor als Lernhilfe

Selbst das drögeste Schulfach kann mit einem enthusiastischen Lehrer oder Lehrerin auf einmal Freude machen. Humor ist dabei eine wichtige Komponente. So zeigt aktuelle Forschung, dass weniger Langeweile aufkommt, wenn die Schüler auch mal etwas zu lachen haben. Sie bleiben länger bei der Sache und verlieren nicht so rasch die Lust am Lernen. Das zeigte eine  Befragung  an 668 Mittelstufenschülerinnen und -schülern im Alter von durchschnittlich knapp 13 Jahren. 

Allerdings kann es kontraproduktiv sein, wahllos Witze einzustreuen. So fand die Psychologin Elena Hoicka an Vorschulkindern heraus, dass diese sehr genau wahrnehmen, warum und wann ein Lehrer scherzt. Lernten sie etwas gänzlich Neues, bevorzugten sie in diesem Moment eine ernsthafte Person. Aber sie vertrauten einem Dozenten mehr, der sich zuerst lustig vorgestellt hatte und dann ernst wurde, als einer Person, die sich erst ernst gab und dann albern wurde. Fingerspitzengefühl ist also beim Humor im Klassenzimmer gefragt.

Es war eine köstliche Szene, die sich in einem Berliner Café bot: Eine Oma nestelte ein buntes Halstuch aus ihrer Tasche und lächelte ihre gerade einmal sechs Monate alte Enkeltochter an, die neben ihr im Kinderwagen lag. Mit einer amüsierten Geste hielt die Dame das Tuch in die Höhe und verbarg dann ihr Gesicht dahinter. Das Baby starrte auf das Tuch. Da lugte die Oma mit einem Auge hinter ihrem Versteck hervor. Vor Freude gluckste die Kleine und strahlte über das ganze Gesicht. Unermüdlich wiederholte die Oma ihr Versteckspiel. Jedes Mal fand ihre Enkelin es aufs Neue so lustig wie beim ersten Mal.

Das kleine Mädchen ist kein Einzelfall. Kinder entwickeln schon im ersten Lebensjahr Humor, wie wir dank der Psychologin  Elena Hoicka von der Universität Bristol  seit wenigen Jahren genauer wissen. Sie, selbst Mutter von drei Kindern, erzählt: „Als ich hörte, dass Babys schon mit drei Monaten ihre lustige Seite entdecken, konnte ich das zunächst nicht glauben. Ich hielt es für viel zu früh.“

Kinderlachen: Kaum erforscht und schwer zu erforschen

Gemeinsam mit anderen Forschenden entwickelte Hoicka einen Fragebogen, in dem nach verschiedenen Arten des Humors bei Kindern gefragt wird. Tatsächlich ist die heitere Gemütslage alles andere als trivial zu erforschen. „In Laborexperimenten finden die Kinder kaum etwas lustig. Sie fühlen sich befangen oder scheuen vor der erwachsen Person zurück“, sagt Hoicka. Auflockern lässt sich das allenfalls in kleinen Gruppen. Leichter und sehr aussagekräftig ist es aber, die Eltern genau zu befragen, was ihre Sprösslinge zum Kichern bringt, hat Hoicka nachgewiesen. 

Sie testete ihren Fragebogen an knapp 700 Kindern aus Kanada, Großbritannien, Australien und den USA. Die Hälfte der Babys fing den Eltern zufolge schon mit drei Monaten an, Sinneseindrücke lustig zu finden. Sie grinsten, wenn eine Person das Wiehern eines Pferdes oder das Miauen einer Katze nachmacht. Und sie belustigen sich, wenn man sie durch die Beine hindurch anschaut. „Sie haben eine erste Idee davon, was normal ist. Wenn diese erwarteten Sinneseindrücke auf den Kopf gestellt werden, finden sie das lustig“, erklärt Hoicka. Deshalb kichern sie auch, wenn Mutter ihren Kopf hinter einem Möbel versteckt und abrupt immer wieder hervorschaut. 

Sobald Säuglinge ihren Humor entdecken, können sie davon offenbar auch nicht genug bekommen: Die Hälfte der Kinder war mindestens alle drei Stunden zu Scherzen aufgelegt, fand Hoicka heraus.

Ab acht Monaten prägt zusehends die Kultur den Humor der Kinder. Sie wissen, dass Schuhe an die Füße gehören und ein Löffel in den Mund. Witzig finden sie es, wenn Objekte zweckentfremdet werden, etwa die Schuhe an den Händen stecken oder eine Unterhose auf dem Kopf liegt. Sie können auch ins Lachen geraten, wenn man sie mit einem Geräusch erschreckt oder Sachen, die man ihnen anbietet, spielerisch schnell wegzieht, ehe sie zugreifen können. Im Alter von einem Jahr finden sie es auch amüsant, wenn sie Körperteile vertrauter Personen zu Gesicht bekommen, die sie sonst nicht oft sehen, etwa den nackten Bauch von Opa. 

Lachen und auslachen

Ab zwei Jahren bekommt der Humor allerdings auch eine fiese Färbung. Kinder entdecken dann die lustige Seite des Ärgerns. Sie können ihren Spaß am Schubsen haben oder wenn ein Mensch geschubst wird. Sie machen sich lustig über andere. Sprachliche Spielereien kommen dazu. In diesem Alter beginnen sie, Quatschwörter zu erfinden. 

Schon Kleinkinder passen ihren Humor dem Gegenüber an. An 72 5-Jährigen beobachtete die Psychologin  Amy Paine von der Cardiff University , dass die Kinder umso humorvoller waren, je besser sie ein Geschwisterkind einschätzen konnten und je mehr sie es mochten. Humor ist ein auf Mitmenschen bezogenes Verhalten und sehr fein auf das Vorwissen über diese Personen abgestimmt, erklärt Paine in einem  Fachaufsatz  im  Journal of Applied Developmental Psychology

Das Gehirn verarbeitet Lustiges schnell und oft schon vorauseilend

Wenn etwas lustig ist, reagiert das Gehirn ziemlich flink, teils sogar schon in Erwartung einer komischen Situation. Experimente aus den neunziger Jahren zeigten beispielsweise, dass Witze die Hirnströme verändern, unabhängig davon, ob sie ein Lächeln oder Lachen hervorrufen. Etwa 200 Millisekunden, nachdem ein Witz gerissen wurde, konnte eine positive Erregungswelle an der Kopfhaut abgeleitet werden, die bei 300 Millisekunden ihr Maximum hatte. Ein typischer Marker, der im Elektroenzephalogramm bei Überraschung oder einer Wendung im Witz auftritt, ist die sogenannte N400-Komponente, die mit der Verarbeitung unerwarteter oder unpassender Informationen verbunden ist.

Beim Kitzeln löst bereits die sich nähernde Hand eine Reaktion in der Körperfühlhirnrinde aus, berichtet der Neurobiologe  Michael Brecht von der Humboldt-Universität zu Berlin  aus seiner Forschung. Die Erwartung der Berührung triggert schon das Lachen, erkannte er bei Ratten und sieht eine Analogie beim Menschen: „Kinder schreien und johlen und kringeln sich vor Lachen, wenn man sie kitzeln möchte. Damit laden sie regelrecht zur Berührung ein, die ihnen ja auch Spaß macht.“ 

Hoicka vermutete, dass der Humor von Kindern auch ein Gradmesser für ihre soziale und geistige Entwicklung ist. Doch ihre Forschung zeigte, dass der Zusammenhang genau umgekehrt ist: Eine ausgeprägte lustige Seite sagt bessere soziale und geistige Fähigkeiten sechs Monate später vorher. Denkbar ist es, dass Humor und im weiteren Sinn Begeisterung das Gehirn in einen Zustand leichteren Lernens versetzt und deshalb einem Entwicklungsschub vorausgeht. Schon länger wissen Pädagoginnen und Pädagogen, dass sich die Fähigkeiten von Kindern immer wieder in so genannten Sprints entwickeln.

„Vieles, was wir in der Humorforschung finden, ist nicht gerade, was wir erwarten“, sagt Hoicka. Manche Facette des Humors verstehen Forschende letztlich noch nicht zur Gänze. 

Der Humor der Erwachsenen ist zu kompliziert für Kinder

Eines aber eint alle Kinder: Der Humor der Erwachsenen ist für sie oft nichts zum Lachen, Ironie etwa ist für den Nachwuchs schwer zu verstehen. Erst ab sieben Jahren öffnet sich diese verkehrte Welt für sie. Auch Doppeldeutigkeiten und Wortspielereien rufen bei ihnen in der Regel keinen Lacher hervor. „Welche Mode ist aus Holz? – Die Kommode!“ ist so eine Scherzfrage, die erst in einem Buch für Kinder ab acht Jahren auftaucht. Denn sie setzt Kenntnisse über Mode und Möbel voraus. 

Warum wir überhaupt schon kurz nach der Geburt lachen? Einen wichtigen Fingerzeig liefern Forschungen an Tieren. Denn auch sie sind teils zu Späßen aufgelegt. Legendär sind die quiekenden Ultraschalllaute der Ratten, wenn sie am Bauch gekitzelt werden. Der 2017 verstorbene Neurowissenschaftler  Jaak Panksepp  dokumentierte das Gegiggel der Ratten beim Kitzeln vor rund 30 Jahren. „Zuerst wollte das niemand glauben. Aber er hat so viele Beweise gesammelt. Und wir haben seine Experimente nachgemacht“, sagt der Neurobiologe Michael Brecht von der Humboldt-Universität zu Berlin. Heute weiß er deshalb: Ratten sind an verschiedenen Körperteilen unterschiedlich kitzelig. Am Schwanz ist ihnen die Berührung egal. Aber am Bauch und am Nacken reagieren sie heftig.

Wie auch der Mensch sind die Nagetiere soziale Wesen, die in Gruppen leben. „Wir denken, dass die Kitzeligkeit ein Trick der Natur ist, damit wir uns gegenseitig berühren und in Kontakt kommen. Und das Lachen signalisiert, dass es OK ist“, erklärt Brecht. Dafür spricht auch: Besonders kitzelig werden Ratten, wenn sie allein in ihrem Käfig leben. Haben sie schon Mitbewohner, sind sie weniger empfänglich.

So gesehen könnte Humor eine Triebfeder der Bindung sein. „Gemeinsam über eine Sache zu lachen, kann sehr verbindend sein. Auch signalisiert es, dass gerade keine Gefahr droht“, sagt Hoicka. Lachen durchbricht den Flucht- und Kampfmodus des Menschen, heißt es auch.

Zum Weiterlesen

  • Martin, R. The psychology of humor : an integrative approach. Elsevier. 2007. (zum Volltext). 

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