Neurofeedback hilft Lernerfolg zu steuern

© RUB, Marquard
Gehirn RUB
Author: Meike Drießen

Wer seinen Gehirnrhythmus selbst reguliert, kann Kapazitäten freigeben, um Neues zu lernen.

Source: Ruhr-Universität Bochum

Published: 16.01.2019

Um die gigantischen Mengen an Information, die auf uns einströmen, effizient bewältigen zu können, nutzt unser Gehirn Filtersysteme. Neuronale Alpha-Oszillationen gehören dazu. Sie helfen, den Informationsfluss in bestimmten Gehirnregionen herunterzufahren. Durch ein spezielles Training lassen sich die Oszillationen gezielt beeinflussen. Ein Team des Neural Plasticity Labs am Institut für Neuroinformatik der RUB und der Abteilung für Neurologie des RUB-Klinikums Bergmannsheil hat herausgefunden, dass Probanden so selbst Einfluss auf ihren Lernerfolg in einer Tastaufgabe nehmen können. Sie berichten im Journal Nature Communications vom 16. Januar 2019.

Wechselspiel aus Hemmung und Enthemmung

Dank eines Wechselspiels aus Hemmung und Enthemmung bestimmter Areale kann unser Gehirn die Verarbeitung besonders wichtiger Reize stets gewährleisten. Neuronale Alpha-Oszillationen regulieren den Informationsfluss in bestimmten Gehirnregionen herunter, sodass Kapazitäten für die Verarbeitung neuer Reize frei werden. „Das richtige Timing von Alpha-Oszillationen hängt stark mit der Leistung in kognitiven Aufgaben und Wahrnehmungstests zusammen“, erklärt Privatdozent Dr. Hubert Dinse vom Institut für Neuroinformatik und der Abteilung für Neurologie des Bergmannsheil.

Bislang war allerdings unklar, ob sich Lernleistungen auch durch Alpha-Oszillationen beeinflussen lassen. Um das zu klären, brachte das Team, zu dem neben Hubert Dinse Marion Brickwedde und Marie C. Krüger gehören, jungen gesunden Menschen bei, ihre Alpha-Oszillationen herauf- oder herunterzuregulieren.

Hemmung

Hemmung/-/inhibition

Die neuronale Inhibition, oder auch Hemmung umschreibt das Phänomen, dass ein Senderneuron einen Impuls zum Empfängerneuron sendet, der bei diesem dazu führt, dass seine Aktivität herabgesetzt wird. Der wichtigste hemmende Botenstoff ist GABA.

Gedanken und Gefühle beeinflussen die Oszillationen

Dazu nahmen die Probandinnen und Probanden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen an einem sogenannten Neurofeedbacktraining teil, in dem sie in Echtzeit Rückmeldung über ihr Gehirnsignal in Form von Farben auf einem Computerbildschirm bekamen. „So konnten die Teilnehmer lernen, durch welche Gedanken oder Gefühle sie eine Verstärkung oder Verringerung von Alpha-Oszillationen in Tastsinn-verarbeitenden Regionen des Gehirns hervorrufen können“, erklärt Marion Brickwedde.

Im Anschluss daran wurde der rechte Zeigefinger der Teilnehmer für 20 Minuten elektrisch stimuliert. Das regt kortikale Lernprozesse an und verbessert den Tastsinn. Dieser Prozess ist unabhängig von Vorerfahrung, Motivation oder Aufmerksamkeit und ermöglicht somit eine besonders effiziente Untersuchung der kortikalen Grundlagen des Lernens.

Motivation

Motivation/-/motivation

Ein Motiv ist ein Beweggrund. Wird dieser wirksam, spürt das Lebewesen Motivation – es strebt danach, sein Bedürfnis zu befriedigen. Zum Beispiel nach Nahrung, Schutz oder Fortpflanzung.

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit/-/attention

Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.

Lernerfolg verstärkt sich oder bleibt aus

Bei Teilnehmern, die ihre Alpha-Oszillationen erfolgreich verstärken konnten, verbesserte sich der Tastsinn besonders stark. Im Gegensatz dazu verbesserten sich Teilnehmer, die ihre Alpha-Oszillationen verringerten, im Durchschnitt durch die Stimulation gar nicht.

Mögliches Mittel in Alltag, Reha und Klinik

Erklären lässt sich dieser Prozess durch eine gezielte neuronale Ressourcenverteilung. Starke Alpha-Oszillationen verringern die Informationsverarbeitung, wodurch viele neuronale Ressourcen frei werden, die dann für wichtige eintreffende Informationen zur Verfügung stehen. Sind nur wenige Ressourcen verfügbar, wie das bei niedrigen Alpha-Oszillationen der Fall ist, ist die Informationsverarbeitung weniger effizient. „Alpha-Neurofeedbacktraining könnte also ein Mittel darstellen, Lernerfolg in alltäglichen, aber auch in rehabilitativen oder klinischen Kontexten zu verstärken“, folgert Hubert Dinse.

Originalveröffentlichung

Marion Brickwedde, Marie C. Krüger, Hubert R. Dinse: Somatosensory alpha oscillations gate perceptual learning efficiency, in: Nature Communications, 2019, DOI:  10.1038/s41467-018-08012-0

No votes have been submitted yet.

License Terms

This content is available under the following conditions of use.

BY-NC-SA: Namensnennung, nicht kommerziell, Weitergabe unter gleichen Bedingungen