Alternde Zellen gehen mit Änderungen in der Hirnstruktur einher

Um den Einfluss der Telomerlänge auf die Gehirnstruktur zu untersuchen, bestimmten die Wissenschaftler deren Länge anhand der Leukozyten-DNA aus dem Blut der Studienteilnehmer mittels Polymerase-Kettenreaktion. Zusätzlich berechneten sie mithilfe von MRT-Scans die Dicke der Großhirnrinde jedes Teilnehmers. © MPI CBS
Alter und Telomere

Die Telomere der Chromosomen verändern sich gemeinsam mit der Struktur des Gehirns

Quelle: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

Veröffentlicht: 26.09.2019

Telomere sind die Schutzkappen unserer Chromosomen und spielen im Alterungsprozess eine zentrale Rolle. Kurze Telomere werden mit chronischen Krankheiten in Verbindung gebracht – zur Verkürzung beitragen kann zum Beispiel eine hohe Stressbelastung. Verändern sich Telomere in ihrer Länge, spiegelt sich das direkt in unserer Hirnstruktur. Das konnte nun ein Team um Lara Puhlmann und Pascal Vrticka vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sowie Elissa Epel von der University of California und Tania Singer von der Forschungsgruppe für Soziale Neurowissenschaften in Berlin im Rahmen des von ihr geleiteten ReSource-Projektes zeigen.

Telomere sind Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Werden sie so kurz, dass von ihnen beschützte Gene geschädigt werden könnten, hören die Zellen auf sich zu teilen und zu erneuern. Die Zelle kann ihre Funktionen zunehmend schlechter ausführen. Dies ist einer der Mechanismen für das Altern.

Die Länge der Telomere gilt daher als Marker für das biologische Alter eines Menschen – im Gegensatz zum chronologischen Alter, welches wir in Zahlen definieren. Von zwei Menschen mit gleichem chronologischen Alter hat also die Person mit kürzeren Telomeren ein erhöhtes Risiko, altersbedingte Krankheiten wie Alzheimer oder Krebs zu entwickeln, oder sogar eine kürzere Lebenserwartung.

Gen

Gen/-/gene

Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.

Verlängerung der Telomere

Ein Schlüssel, um länger jung zu bleiben, scheint daher mit der Frage zusammenzuhängen: Wie schaffen wir es, die Verkürzung der Telomere so lange wie möglich aufzuhalten? Nicht nur Genetik und ungesunder Lebensstil, sondern auch psychischer Stress kann zur Verkürzung der Telomere beitragen. Forscher haben daher untersucht, wie stark der Lebensstil die Länge der Telomere beeinflussen kann. Einige Studien deuten darauf hin, dass sich Telomere viel schneller verändern können als bisher angenommen, und sich sogar nach nur ein bis sechs Monaten mentalen oder körperlichen Trainings verlängern können. Es blieb bisher jedoch unklar, ob diese Verlängerung tatsächlich bedeutet, dass das biologische Alter eines Menschen reduziert wird.

„Um herauszufinden, ob eine kurzfristige Veränderung der Telomerlänge nach nur wenigen Monaten wirklich mit Veränderungen im biologischen Alter einer Person einhergehen könnte, haben wir sie mit einem anderen Biomarker des individuellen Alterns und der Gesundheit in Verbindung gebracht: der Gehirnstruktur“, erklärt Lara Puhlmann, die inzwischen in der Gruppe ‚Sozialer Stress und Familiengesundheit‘, geleitet von Veronika Engert, am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften forscht. Das Projekt war von Tania Singer im Rahmen der ReSource Studie initiiert worden.

Dazu nahmen die Teilnehmer der Studie an vier MRT-Untersuchungen im Abstand von drei Monaten teil und gaben zu den gleichen Terminen Blutproben ab. So konnten die Wissenschaftler anhand der DNA der Leukozyten aus dem Blut der Probanden die Länge der Telomere mittels Polymerase-Kettenreaktion bestimmen. Zusätzlich wurde mithilfe von MRT-Scans die Dicke der Großhirnrinde jedes Teilnehmers berechnet. Diese wird mit dem Alter zunehmend dünner. Man weiß außerdem, dass einige neurologische altersbedingte Erkrankungen mit einer schnelleren Verdünnung des Kortex in bestimmten Regionen verbunden sind.

Gen

Gen/-/gene

Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.

Biomarker

Biomarker/-/biomarker

In der Medizin versteht man unter einem Biomarker eine Substanz, die Hinweise auf den physiologischen Zustand eines Organismus gibt. Biomarker können entweder im Körper selbst entstehen oder chemische Verbindungen beschreiben, die Ärzte dem Körper zuführen, um an ihrem Schicksal bestimmte physiologische Funktionen zu testen. In Bezug auf die Alzheimer-​Krankheit sind mehrere Indikatoren als mögliche Biomarker im Gespräch. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Konzentration an löslichem Amyloid-​Vorläuferprotein im Blut sowie um die Aktivität des Enzyms, welches das Vorläuferprotein so zerschneidet, dass hieraus das plaquebildende Beta-​Amyloid hervorgeht. Oft werden auch krankheitsbezogene Veränderungen, die mit bildgebenden Verfahren nachgewiesen werden, als Biomarker bezeichnet. So kann man zum Beispiel den Abbau von Gehirngewebe im MRT erkennen.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Flexibles Altern

Das Ergebnis: „Unser biologisches Alter scheint flexibler zu sein, als bisher angenommen. Anzeichen von Alterung auf verschiedenen biologischen Ebenen können schon innerhalb von drei Monaten parallel verändern“, sagt Puhlmann. Veränderten sich die Telomere in der Länge, so war dies mit plastischen Veränderungen im Gehirn verbunden. Wenn sich die Telomere also bei den Studienteilnehmern verlängerten, konnte auch eine stärkere Tendenz zur Verdickung des Kortex gemessen werden. Andersherum war eine Telomerverkürzung mit einer Verdünnung der Großhirnrinde verbunden. Davon war spezifisch der sogenannte Precuneus betroffen – ein wichtiger Stoffwechsel- und Netzwerkknoten im Gehirn.

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass bereits kurzfristige Veränderungen der Telomerlänge Schwankungen im Gesundheits- und Alterungszustand eines Körpers im Allgemeinen widerspiegeln. Welcher biologische Mechanismus den kurzfristigen Veränderungen in der Telomerlänge zugrunde liegt, bleibt jedoch unklar. „Wir wissen zum Beispiel nicht, ob sich die kurzfristigen Veränderungen wirklich längerfristig auf die Gesundheit auswirken“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Einfluss von mentalem Training

Gleichzeitig ist das Forscherteam der Frage nachgegangen, ob sich die Länge der Telomere durch ein auf Achtsamkeit und Mitgefühl basierendes neunmonatiges, mentales Training tatsächlich verändern lässt und ob solche systematischen Veränderungen der Telomerlänge ebenfalls mit einer Verdickung oder Verdünnung der Gehirnstruktur einhergehen. Vorherige Daten aus dem vom Europäischen Forschungsrat unterstützten ReSource-Projekt hatten bereits gezeigt, dass sich bestimmte Regionen des Kortex durch Training verdicken lassen, abhängig von den jeweiligen mentalen Trainingsinhalten der drei dreimonatigen Trainingsmodule. Auch die physiologische Stressreaktion konnte durch mentales Training mit sozialen Aspekten verringert werden.

Im Unterschied zu früheren Arbeiten fand das Team in der aktuellen Studie jedoch keine Hinweise dafür, dass mentales Training Telomere verändern kann. Zukünftige Studien müssen nun zeigen, welche Maßnahmen oder Verhaltensweisen am effektivsten sind, um den biologischen Alterungsprozess aufzuhalten oder sogar umzukehren.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Originalveröffentlichung

Lara M.C. Puhlmann, Sofie L. Valk, Veronika Engert, Boris C. Bernhardt, Jue Lin, Elissa S. Epel, Pascal Vrticka, Tania Singer

Association of Short-term Change in Leukocyte Telomere Length With Cortical Thickness Change and Outcomes of Mental Training Among Healthy Adults.

JAMA Network Open 2019;2(9): e199687

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