Dem Boten auf der Spur
Wissenschaftler verfolgen mRNA-Moleküle und neu synthetisierte Proteine innerhalb lebender Nervenzellen
Veröffentlicht: 27.03.2021
Während Tausende von mRNAs an weit entfernten Stellen innerhalb von Neuronen lokalisiert sind, ist wenig darüber bekannt, wie sie zu diesen entfernten Stellen gelangen und wie sie sich während der synaptischen Plastizität verhalten. Um diese Wissenslücke zu schließen, entwickelte ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Erin Schuman, Direktorin am Max-Planck-Institut für Hirnforschung, und dem Heckel-Labor an der Goethe-Universität (Frankfurt) eine Strategie zur Markierung und Verfolgung neuronaler mRNAs in lebenden Neuronen. Mit Hilfe eines speziellen "molekularen Beacons" zur Bindung einzelner mRNAs und (mittels) hochauflösender Mikroskopie in lebenden Neuronen verfolgten und bewerteten sie, wie drei verschiedene mRNAs innerhalb von Dendriten transportiert werden.
"Wir fanden bemerkenswert ähnliche Bewegungen für einzelne mRNAs, was auf eine gemeinsame Methode zur Steuerung ihrer Bereitstellung an entfernten Orten hindeutet", sagt Paul Donlin-Asp, der Postdoc, der die Arbeit leitete. "Die Erzeugung zwei verschiedener Formen von synaptischer Plastizität, von denen die eine die Verbindungen zwischen Neuronen stärkt und die andere sie schwächt, führte dazu, dass sich die mRNAs weniger bewegten und sich in der Nähe der Synapsen anhäuften. Dies deutet darauf hin, dass die Synapsen die mRNAs aufgreifen, um neue Proteine herzustellen", erklärt Donlin-Asp.
Indem sie eine Reihe von Strategien einsetzten, um die Produktion der Proteine zu beobachten, die von diesen mRNA-Bauplänen kodiert werden, fanden die Wissenschaftler heraus, dass Änderungen im Verhalten der mRNAs während der synaptischen Plastizität nicht unbedingt zu einer Änderung in der Produktion des Proteins führen.
"Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass während der synaptischen Plastizität mRNAs zunächst "eingefangen" werden, um sie später in Protein umzuwandeln", sagt Schuman.
Diese Studie wurde von der Peter und Traudl Engelhorn Stiftung, der Humboldt Stiftung, der Max-Planck-Gesellschaft, dem European Research Council und der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt.
Neuron
Neuron/-/neuron
Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.
Plastizität
Plastizität/-/neuroplasticity
Der Begriff beschreibt die Fähigkeit von Synapsen, Nervenzellen und ganzen Hirnarealen, sich abhängig vom Grad ihrer Nutzung zu verändern. Mit synaptischer Plastizität ist die Eigenschaft von Synapsen gemeint, ihre Erregbarkeit auf die Intensität der Reize einzustellen, die sie erreichen. Daneben unterliegen auch Größe und Vernetzungsgrad unterschiedlicher Hirnbereiche einem Wandel, der von ihrer jeweiligen Aktivität abhängt. Dieses Phänomen bezeichnen Neurowissenschaftler als corticale Plastizität.
Synapse
Synapse/-/synapse
Eine Synapse ist eine Verbindung zwischen zwei Neuronen und dient deren Kommunikation. Sie besteht aus einem präsynaptischen Bereich – dem Endknöpfchen des Senderneurons – und einem postsynaptischen Bereich – dem Bereich des Empfängerneurons mit seinen Rezeptoren. Dazwischen liegt der sogenannte synaptische Spalt.
Axon
Axon/-/axon
Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).
Originalpublikation
Paul G. Donlin-Asp, Claudio Polisseni, Robin Klimek, Alexander Heckel, and Erin M. Schuman. Differential regulation of local mRNA dynamics and translation following long-term potentiation and depression. Proceedings of the National Academy of Sciences Mar 2021, 118 (13) e2017578118; DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2017578118