Rezept für Rezeptornachbau
Rezeptoren auf Zelloberflächen übersetzen ein äußeres Signal in eine Reaktion im Zellinneren. So spielen sie eine wichtige Rolle für wesentliche Prozesse in lebenden Organismen. Doch was wäre, wenn sich die Rezeptoren nach Bedarf steuern ließen? Rouven Schulz von der Siegert Gruppe am ISTA hat einen solchen Mechanismus entdeckt. Mit künstlich hergestellten Rezeptoren ahmt das Team die Funktion des Originals nach. Das eröffnet vielversprechende neue Wege zum Verständnis und zur Nutzung der zellulären Signalübertragung von Immunzellen.
Veröffentlicht: 15.08.2022
Wie lösen Signale von außerhalb der Zelle eine Reaktion in ihr aus? Die Signale von außen können Hormone oder Neurotransmitter sein. Um sie wahrzunehmen, verfügt die Zelloberfläche über Rezeptoren. Eine der wichtigsten Klassen solcher Rezeptoren sind die so genannten G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, kurz GPCRs. Sie sind Proteine, die auf der Zellmembran sitzen. Werden sie durch ein äußeres Signal aktiviert, lösen sie im Inneren der Zelle Prozesse aus, die weitreichende Auswirkungen auf das Zellwachstum haben, aber auch auf die Zellbewegung, den Stoffwechsel und die Kommunikation zwischen den Zellen. Diese Gruppe von mehr als 800 Rezeptoren spielt bei vielen Krankheiten eine wichtige Rolle. Daher sind GPCRs wichtige Zielstrukturen für Arzneimittel. Tatsächlich zielen 35 Prozent aller von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassenen Medikamente auf sie ab, was einen jährlichen Markt von schätzungsweise 180 Milliarden US-Dollar eröffnet.
Trotz ihrer Bedeutung existieren bei der Erforschung von GPCRs zahlreiche Herausforderungen. Erstens sind viele der Substanzen, die an sie binden, sogenannte Liganden, unbekannt. Zweitens können selbst bekannte Liganden im Organismus schwer verfügbar sein oder unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Und drittens ist es schwierig, Reaktionen genau zu bestimmen, wenn derselbe Rezeptor auf verschiedenen Zellen im Körper vorkommt. Zum Beispiel kann derselbe GPCR auf einer Immunzelle eine Entzündung modulieren, während er im Bronchialgewebe die Muskeln entspannen kann. „Wir wollten diese Einschränkungen überwinden. Deshalb haben wir für alle, die sich mit GPCRs beschäftigen, eine zugängliche und effektive Toolbox entwickelt“, sagt Rouven Schulz, Doktorand am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und Hauptautor der in Nature Communications veröffentlichten Studie.
Neurotransmitter
Neurotransmitter/-/neurotransmitter
Ein Neurotransmitter ist ein chemischer Botenstoff, eine Mittlersubstanz. An den Orten der Zell-Zellkommunikation wird er vom Senderneuron ausgeschüttet und wirkt auf das Empfängerneuron erregend oder hemmend.
Rezeptor
Rezeptor/-/receptor
Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.
Rezeptor
Rezeptor/-/receptor
Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.
Wie imitiert man einen Rezeptor?
Vereinfacht ausgedrückt, haben Schulz und seine Kolleg:innen künstliche Nachbildungen von GPCRs gebaut. Die Nachahmungen sind gegenüber den ursprünglichen Signalen von außen unempfindlich, können aber durch ein entsprechendes, leicht kontrollierbares Medikament aktiviert werden, das genau darauf ausgelegt ist, sich nur an diesen Rezeptor zu binden. Das bekannte Verfahren zur Schaffung von Designer-Rezeptoren, die ausschließlich durch Designer-Medikamente aktiviert werden (DREADDs), ermöglichte es den Autor:innen, Chimären von praktisch jedem GPCR herzustellen. Um die Funktionalität prinzipiell zu belegen, wählten sie β2AR – einen Rezeptor von großer biologischer Bedeutung, auch beim Menschen. Die Nachbildung von β2AR wird selektiv durch ein bekanntes Medikament namens Clozapin-N-Oxid aktiviert. „Sobald wir den Prototypen einer Nachbildung von β2AR hatten, konnten wir viele der Verhaltensweisen des Originals im lebenden Organismus erfolgreich reproduzieren. Erstaunlicherweise ahmt die Chimäre zahlreiche Funktionen exakt nach“, erklärt Schulz.
Die Forscher:innen wendeten die Methode dann auf Mikrogliazellen an. Diese Immunzellen sind Schlüsselzellen für die Aufrechterhaltung des Gehirns und des gesamten zentralen Nervensystems. Sie sind ständig auf der Suche nach Infektionserregern, aber auch nach beschädigten oder nicht funktionierenden neuronalen Verbindungen. „GPCRs, insbesondere β2AR, sind für diese Funktionen der Mikrogliazellen entscheidend. Ausgestattet mit unseren Rezeptorchimären von β2AR, replizierten die Mikrogliazellen den Prozess der Entzündung im Nervensystem.“
Rezeptor
Rezeptor/-/receptor
Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.
Das große Ganze
Schaut man sich die GPCRs in Mikrogliazellen und Immunzellen insgesamt genauer an, findet man eine große Vielfalt von ihnen. Bislang weiß jedoch niemand, warum Organismen und Menschen eine solche Vielfalt dieser Rezeptoren aufweisen. Häufig werden GPCRs nach den typischen Wegen kategorisiert, wie sie Signale weiterleiten, auch im Fachjargon Signalwege genannt. „In unseren Daten sehen wir jedoch, dass es subtile Unterschiede zwischen den Rezeptoren gibt, selbst wenn sie denselben Signalweg steuern“, erläutert Assistenzprofessorin Sandra Siegert. „Das deutet wiederum darauf hin, dass sie fein abgestimmte Eigenschaften besitzen, die über diese kanonischen Signalwege hinausgehen. Jetzt haben wir endlich eine Möglichkeit, diese Details zu untersuchen.“ Derzeit erweitert die Gruppe die Methode mit Hilfe von Stammzellen auf den menschlichen Kontext. Auf diese Weise wollen die Wissenschafter:innen untersuchen, wie sich verschiedene Arten von Entzündungsmerkmalen durch die Stimulation von GPCRs verändern.
Rezeptor
Rezeptor/-/receptor
Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.
Originalpublikation
Rouven Schulz, Medina Korkut-Demirbaş, Gloria Colombo, Alessandro Venturino, und Sandra Siegert. 2022. Chimeric GPCRs mimic distinct signaling pathways and modulate microglia responses. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-022-32390-1