Question to the brain
Gibt es tatsächlich chronobiologische Eulen und Lerchen?
Published: 02.01.2016
Gibt es tatsächlich Eulen und Lerchen unter den Schläfern? Und wenn ja, kann man diese Präferenz verändern?
The editor's reply is:
Dr. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß, Schlaflabor Pfalzklinikum Klingenmünster: Es gibt tatsächlich Lerchen und Eulen, also Morgen– oder Abendtypen, die früher beziehungsweise später am Tag ihre optimale Leistungsfähigkeit erreichen. Dabei sind in der Gesellschaft eher die Spätschläfer in der Überzahl gegenüber den Früh-ins-Bett-Gehern.
Auf deren innere Uhr ist unsere Gesellschaft allerdings überhaupt nicht ausgerichtet. Das Arbeitsleben, die Schule – alles beginnt eigentlich zu früh. Das führt zu einem chronischen Schlafdefizit, zu einer Art sozialem Jetlag. Das merkt man am Samstag und Sonntag, wenn man nur noch denkt: Endlich Wochenende! Dann kann man endlich das Schlafdefizit aufholen. Für etwa fünf Sechstel der Bevölkerung wäre es eigentlich optimal, wenn sie zwischen 23.30 und 2.30 Uhr ins Bett gehen könnten, um entsprechend erst zwischen 7.30 und 10 Uhr wieder aufzustehen.
Diese Unterschiede sind auch nicht veränderbar, sie sind genetisch bedingt. Genau deshalb fällt es diesen Menschen ja so schwer, sich an die gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen. Allerdings sind wir zu Beginn unseres Lebens, bis zur Pubertät, alle eher Lerchen. Dann mutieren wir bis zum 25. Lebensjahr alle eher zur Eule, werden spät müde und kommen morgens nicht mehr früh aus dem Bett. Chronobiologisch gesehen beginnt für Jugendliche der Unterricht mitten in der Nacht. Es gibt Studien über die Leistungsfähigkeit in der ersten Schulstunde: Die war deutlich höher, wenn die Schule mindestens eine Stunde später beginnt. Der Verband der amerikanischen Kinderärzte empfiehlt einen Schulbeginn frühestens um 8:30 Uhr, zumindest ab einem Alter von zehn Jahren.
Aber auch erwachsene Eulen leiden unter der Diskrepanz der gesellschaftlichen Anforderungen mit ihrer inneren Uhr. Sie sind oft unglücklicher. Das reicht bis hin zu subdepressiven Symptomen: Sie sind also dauerhaft leicht verstimmt, ohne aber alle Diagnosekriterien für eine Depression zu erfüllen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft als Ganzes: Ausgeschlafene Mitarbeiter sind leistungsfähiger und machen weniger Fehler. Aber dafür müssten die Arbeitszeiten später beginnen. Optimal wäre zwischen 9 und 11 Uhr. Noch besser wäre es, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten, angepasst an die individuelle Chronobiologie jedes Mitarbeiters. Ich bin sicher, dass dann weniger Unfälle passieren würden, der Krankenstand würde sinken, Leistung und Produktivität dagegen steigen.
Aufgezeichnet von Eva Eismann
Gen
Gen/-/gene
Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.
Depression
Depression/-/depression
Phasenhaft auftretende psychische Erkrankung, deren Hauptsymptome die traurige Verstimmung sowie der Verlust von Freude, Antrieb und Interesse sind.