Schönheit
"Welchen Selektionsvorteil hat der Kölner Dom?“ Diese provokante Frage stellt der Neurobiologe Olaf Breidbach. Er weist damit auf ein Dilemma der naturwissenschaftlich orientierten Schönheitsforschung hin: Zum einen weiß die Biologie seit Charles Darwin, dass auch Tiere einen ästhetischen Sinn haben und dass dieser eine große Rolle in der Evolution spielt. Zum anderen hat der Mensch den Schönheitssinn auf eine Weise weiterentwickelt, dass er mit schlichten biologischen Erklärungen nicht zu fassen ist.
Trotzdem wagen sich jetzt die Hirnforscher auf das bisher von Geistes- und Kulturwissenschaftlern dominierte Gebiet: Von Neuroästhetik spricht man, wenn sich Wissenschaftler damit beschäftigen, was in den Gehirnen von Künstlern und Kunstbetrachtern vor sich geht. Dieser recht junge Wissenschaftszweig greift Ansätze aus der psychologischen Attraktivitätsforschung und der Gestalttheorie auf, stützt sich aber gleichzeitig auf Charles Darwin und seine Erkenntnisse über die sexuelle Selektion. Denn ob nun der Pfau sein Rad schlägt oder der Laubenvogel seiner Braut ein apart geschmücktes Nest baut – dass auch Tiere Schönes schätzen, ist offensichtlich.
Aber ab wann spricht man von Kunst? Wie abhängig ist der Kunstgeschmack von kulturellen Vorlieben und Prägungen? Was geht im Kopf eines Künstlers vor, wenn er malt oder dichtet – und was im Kopf des Betrachters, wenn ihn ein Bild ergreift? Gibt es universelle Prinzipien, nach denen Kunst funktioniert? Oder ist alles erlaubt, was gefällt? Die neue Wissenschaft von der Neuroästhetik hat noch viel zu forschen.