Frage an das Gehirn

Werden Computer bald intelligenter als Menschen?

Fragesteller/in: Hans-Werner P.

Veröffentlicht: 14.05.2012

Immer wieder hört man von Fortschritten in der Computertechnik. Seit einiger Zeit versuchen Programmierer sogar, das Gehirn selbst nachzubauen. Werden solche Maschinen dann klüger sein als wir selbst?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Stefan Rotter, Professor für Computational Neuroscience am Bernstein Center Freiburg: Der Begriff intelligenter Maschinen (künstliche Intelligenz, KI) hat in den 80er-​Jahren durch die Entwicklung künstlicher neuronaler Netze starken Auftrieb erhalten. Das sind netzwerkartige Algorithmen, also aus vielen Schritten bestehende, eindeutige Handlungsvorschriften, die eingesetzt werden, um besonders schwierige Probleme der Informatik zu lösen. Diese Fähigkeit der Algorithmen, Probleme durch „maschinelles Lernen“ zu lösen, bedeutete eine kleine Revolution für Ingenieure. Man dachte sogar, mit diesen Algorithmen die Funktionsweise des Gehirns nachgebaut zu haben, wodurch Maschinen bald intelligenter als Menschen werden sollten. Tatsächlich ist ihre Architektur aber sehr verschieden von der biologischer neuronaler Netze, und diese funktionieren auch ganz anders.

Der Begriff der Intelligenz wird in der Computational Neuroscience kaum benutzt – auch wenn man gelegentlich von intelligenten Maschinen oder Netzwerken spricht. Uns geht es in erster Linie darum, die neuronalen Mechanismen des Gehirns bei der Verhaltenssteuerung zu verstehen und in Computer-​Simulationen abzubilden. Was genau spielt sich in unserem Gehirn ab, wenn wir uns bewegen, etwas wahrnehmen, oder denken? Welche Neuronen kommunizieren wann miteinander, und warum? Das sind Fragen, die uns interessieren. Für unsere Forschung gehen wir grundsätzlich davon aus, dass Einsicht in Struktur und Funktion der Nervennetze im Gehirn eine entscheidende Voraussetzung zum Verständnis psychischer Vorgänge darstellt.

Um das Gehirn am Computer simulieren zu können, benötigen wir Messdaten aus experimentellen Beobachtungen. Daraus bauen wir dann ein mathematisches Modell, das auf einem Computer abgebildet werden kann. Diese Modelle sind für uns wie ein Sandkasten für lernende Kinder: Dort können wir experimentieren, Verhalten simulieren und die Netzwerke untersuchen, als wäre es biologisches Gewebe. Aus solchen Experimenten mit Computersimulationen lassen sich interessante Schlüsse ziehen, die im Experiment am biologischen Gehirn gar nicht möglich gewesen wären. Dabei versuchen wir in der Simulation, die Gehirnfunktionen auf fundamentale Prinzipien herunterzubrechen und dadurch verständlich zu machen.

Mit den gewonnenen Informationen gehen wir dann wieder zurück zu den Experimentatoren und schlagen neue Experimente vor. So konnten wir zum Beispiel auf der Basis von Computer-​Simulationen ein verbessertes Protokoll zur Tiefen-​Hirnstimulation bei Parkinson-​Patienten entwerfen, was möglicherweise weniger Nebenwirkungen nach sich zieht. Wenn die Computermodelle einmal so ausgefeilt sind, dass sie die Funktion eines Gehirns gut nachbilden, können sie natürlich auch zur Robotersteuerung eingesetzt werden. Unser erstes Ziel ist jedoch nicht, solche Maschinen zu entwickeln, sondern mehr über das Gehirn von Tieren und Menschen herauszufinden.

Aufgezeichnet von Leonie Seng

Intelligenz

Intelligenz/-/intelligence

Sammelbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen. Dem britischen Psychologen Charles Spearman zufolge sind kognitive Leistungen, die Menschen auf unterschiedlichen Gebieten erbringen, mit einem Generalfaktor (g-​Faktor) der Intelligenz korreliert. Demnach lasse sich die Intelligenz durch einen einzigen Wert ausdrücken. Hierzu hat u.a. der US-​Amerikaner Howard Gardner ein Gegenkonzept entwickelt, die „Theorie der multiplen Intelligenzen“. Dieser Theorie zufolge entfaltet sich die Intelligenz unabhängig voneinander auf folgenden acht Gebieten: sprachlich-​linguistisch, logisch-​mathematisch, musikalisch-​rhythmisch, bildlich-​räumlich, körperlich-​kinästhetisch, naturalistisch, intrapersonal und interpersonal.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

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