Das Corpus callosum

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Das Corpus callosum
Autor: Arvid Leyh

Zwei Hälften hat das Hirn – das sieht der Betrachter auf den ersten Blick, denn die Mantelkante, die Fissura longitudinalis, teilt das Großhirn in zwei Hemisphären. Diesen trennenden Spalt überbrückt unter anderem der Balken, das Corpus callosum, eine mächtige Struktur aus etwa 200 Millionen Fasern beim Menschen.

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Oliver von Bohlen und Halbach

Veröffentlicht: 22.09.2011

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze

Der Corpus callosum ist zur Verbindung der beiden Hemisphären das wichtigste Bahnsystem. Es trägt etwa 200 Millionen Fasern, die den Informationsaustausch ermöglichen. Wie das Beispiel der Split-Brain-Patienten zeigt, ist dieser Informationsaustausch sehr wichtig.

Corpus callosum

Balken/Corpus callosum/corpus callosum

Als größte Kommissur (Verbindung im Gehirn) verbindet das Corpus callosum (Balken) die beiden Großhirnhemisphären. Es besteht aus 250 Millionen Nervenfasern und dient dem Informationsaustausch.

Vernetzung!

Im Gehirn dreht sich alles um die Vernetzung von Neuronen: Aufsteigende und absteigende Informationen müssen von einer Nervenzelle an die nächste weitergegeben werden, auch wenn diese sich in einem ganz anderen Hirnareal befindet. Man kann das Gehirn unter dem vernetzten Gesichtspunkt auch als „small world“ betrachten, in der jedes Neuron mit jedem beliebigen anderen über nur wenige Zwischenschritte verknüpft ist. Bei dieser Verknüpfung lassen sich im Cortex funktionell drei Arten von Fasern unterscheiden:

  • Der Balken besteht aus Kommissurenfasern – sie verbinden beide Hemisphären miteinander. Neben dem Balken gibt es noch andere Kommissuren, wie die Commissura anterior, Commissura posterior und den Fornix.
  • Projektionsfasern verbinden den Cortex mit subcorticalen Bereichen, wie z. B. dem Thalamus oder dem Hirnstamm. Eine der  prominentesten Faserbahnen ist z. B. die Capsula interna.
  • Assoziationsfasern verbinden einzelne Cortexareale einer Hemisphäre, wie den präfrontalen Cortex mit den motorischen Cortices.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

posterior

posterior/-/posterior

Eine Lagebezeichnung – posterior bedeutet „nach hinten, hinten gelegen“. Im Bezug auf das Nervensystem handelt es sich um eine Richtung zum Schwanz hin.

Fornix

Fornix/-/fornix

Der Fornix ist eine Nervenbahn aus ca. 12 Mio. Fasern, die Hippocampus (eine der evolutionär ältesten Strukturen im Gehirn) und Subiculum mit dem Septum und den Mammillarkörpern verbindet.

Thalamus dorsalis

Thalamus dorsalis/Thalamus dorsalis/thalamus

Der Thalamus ist die größte Struktur des Zwischenhirns und ist oberhalb des Hypothalamus gelegen. Der Thalamus gilt als „Tor zum Bewusstsein“, da seine Kerne Durchgangstation für sämtliche Information an den Cortex (Großhirnrinde) sind. Gleichzeitig erhalten sie auch viele kortikale Eingänge. Die Kerne des Thalamus werden zu Gruppen zusammengefasst.

Hirnstamm

Hirnstamm/Truncus cerebri/brainstem

Der „Stamm“ des Gehirns, an dem alle anderen Gehirnstrukturen sozusagen „aufgehängt“ sind. Er umfasst – von unten nach oben – die Medulla oblongata, die Pons und das Mesencephalon. Nach unten geht er in das Rückenmark über.

Präfrontaler Cortex

Präfrontaler Cortex/-/prefrontal cortex

Der vordere Teil des Frontallappens, kurz PFC ist ein wichtiges Integrationszentrum des Cortex (Großhirnrinde): Hier laufen sensorische Informationen zusammen, werden entsprechende Reaktionen entworfen und Emotionen reguliert. Der PFC gilt als Sitz der exekutiven Funktionen (die das eigene Verhalten unter Berücksichtigung der Bedingungen der Umwelt steuern) und des Arbeitsgedächtnisses. Auch spielt er bei der Bewertung des Schmerzreizes eine entscheidende Rolle.

Eine solch verbindende Struktur wird dringend benötigt, denn die beiden Großhirnhemisphären haben nicht nur teils unterschiedliche Aufgaben, sie verarbeiten in den meisten Fällen auch Informationen der gegenüberliegenden Körperseite. Im primären visuellen Cortex beispielsweise wird die Information des linken Gesichtsfeldes von der rechten Hemisphäre verarbeitet. Wir erleben jedoch keine Überlagerung von perspektivisch leicht unterschiedlichen Gesichtsfeldern – wir erleben ein einziges, stimmiges Bild der Umwelt. Spätestens hier wird deutlich, wie wichtig der Austausch von Informationen zwischen beiden Hirnhälften ist.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Hemisphäre

Hemisphäre/-/hemisphere

Großhirn und Kleinhirn bestehen aus je zwei Hälften – der rechten und der linken Hemisphäre. Im Großhirn sind sie verbunden durch drei Bahnen (Kommissuren). Die größte Kommissur ist der Balken, das Corpus callosum.

Mehr Fächer als Balken

Für diesen Informationsaustausch ist der Balken die entscheidende Struktur – auf seiner ganzen Länge kreuzen so genannte Kommissurenfasern von einer Hemisphäre zur anderen. Die Fasern selbst bestehen aus den Axonen der Pyramidenzellen eines Cortexareals und verbinden dieses mit dem entsprechenden Areal der anderen Hemisphäre.

Besonders gut sieht man die gebogene Struktur des Balkens bei einem Schnitt entlang der Längsfurche. Dann lassen sich einzelne Abschnitte unterscheiden, die die Anatomen als Schnabel (Rostrum), Knie (Genu), Stamm (Truncus) und Wulst(Splenium) bezeichnen. Präpariert man den Balken von oben her, erscheint er im Ganzen als ein fächerförmiges Fasersystem, dessen Fasern im mittleren Bereich transversal verlaufen, im vorderen Bereich in frontaler Richtung, und im hinteren Bereich in okzipitaler Richtung abbiegen. Innerhalb des Balkens werden die Fasern, die die beiden Frontallappen verbinden, als Forceps frontalis, die die beiden Okzipitallappen miteinander verbinden, als Forceps occipitalis bezeichnet.

Hemisphäre

Hemisphäre/-/hemisphere

Großhirn und Kleinhirn bestehen aus je zwei Hälften – der rechten und der linken Hemisphäre. Im Großhirn sind sie verbunden durch drei Bahnen (Kommissuren). Die größte Kommissur ist der Balken, das Corpus callosum.

Axon

Axon/-/axon

Das Axon ist der Fortsatz der Nervenzelle, der für die Weiterleitung eines Nervenimpulses zur nächsten Zelle zuständig ist. Ein Axon kann sich vielfach verzweigen, und so eine Vielzahl nachgeschalteter Nervenzellen erreichen. Seine Länge kann mehr als einen Meter betragen. Das Axon endet in einer oder mehreren Synapse(n).

Pyramidenzellen

Pyramidenzellen/-/pyramidal neuron

Pyramidenzellen sind die häufigsten Neurone im Cortex (Großhirnrinde). Sie sind besonders groß und ihr „dreizipfliger“ Zellkörper erinnert im Schnittbild an einen Kegel oder eine Pyramide.

Frontallappen

Frontallappen/Lobus frontalis/frontal lobe

Der frontale Cortex ist der größte der vier Lappen der Großhirnrinde und entsprechend umfassend sind seine Funktionen. Der vordere Bereich, der so genannte präfrontale Cortex, ist für komplexe Handlungsplanung (so genannte Exekutivfunktionen) verantwortlich, die auch unsere Persönlichkeit prägt. Seine Entwicklung (Myelinisierung) braucht bis zu 30 Jahren und ist selbst dann noch nicht ganz abgeschlossen. Weitere wichtige Bestandteile des frontalen Cortex sind das Broca-​Areal, welches unser sprachliches Ausdrucksvermögen steuert, sowie der primäre Motorcortex, der Bewegungsimpulse in den gesamten Körper aussendet.

Okzipitallappen

Okzipitallappen/Lobus occipitalis/occipital lobe

Einer der vier großen Lappen der Großhirnrinde. Der Okzipital– oder Hinterhauptslappen liegt über dem Kleinhirn. Nach vorne grenzt er an den Scheitel– sowie an den Schläfenlappen an. Der Sulcus calcarinus unterteilt den Okzipitallappen in eine obere und eine untere Hälfte, den Cuneus und den Gyrus lingualis. Funktional findet in diesem Bereich des Gehirns die zentrale Verarbeitung visueller Informationen statt — sowohl die primäre als auch die sekundäre Sehrinde haben ihren Sitz im Okzipitallappen.

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Ausfälle

Wie gesagt, die Kommissurenfasern dienen zur Übertragung von Impulsen auf die jeweils andere Gehirnhälfte. Im Fall schwerer epileptischer Anfälle ist dies nicht wünschenswert, denn über den Balken kann der Anfall von einer Hemisphäre zur anderen springen. Daher wurde der Balken in besonders schweren Fällen von Epilepsie durchtrennt (Callosotomie). Dieser durchaus massive Eingriff führte im Alltag überraschenderweise zu keinerlei Auffälligkeiten bei den so genannten Split-​Brain-​Patienten. Unter den Medizinern wurde deshalb schon mal scherzhaft gefragt, ob sich die Funktion des Balkens nicht schlicht darauf reduzieren ließe, dass er die beiden Hemisphären zusammenhält.

In den 1960er und 1970er Jahren untersuchte Roger Sperry sowie Michael Gazzaniga und Joseph LeDoux Split-​Brain-​Patienten genauer. Ihnen wurden Bilder präsentiert, allerdings jeweils nur für das linke oder rechte Gesichtsfeld, und damit auch nur für eine Hemisphäre. Dabei ergaben sich überraschende Befunde: So konnte die linke – meist dominante, sprachbegabte – Hemisphäre einen Gegenstand nicht benennen, den die linke Hand unter dem Tisch tastete. Denn die linke Hand wird von der rechten Hemisphäre gesteuert. Wurde die Versuchsperson jedoch gebeten, mit der linken Hand auf den ertasteten Gegenstand zu deuten, war dies problemlos möglich. Ganz offensichtlich weiß bei Split-​Brain Patienten die eine Hemisphäre nicht, was die andere weiß – zumindest, solange sie es nicht direkt sieht. Die weitergehende Split-​Brain Forschung zeigte beindruckende Ergebnisse in Bezug auf Bewusstsein und kognitive Organisation und Roger Sperry erhielt für seine Forschungen 1981 den Nobelpreis.

Neben diesem sehr bekannten Diskonnektionssyndrom scheint der Balken auch bei anderen Krankheiten eine Rolle zu spielen. So ist er in Fällen von Schizophrenie verkleinert, bei Alzheimer-​Patienten zumindest verändert.

Hemisphäre

Hemisphäre/-/hemisphere

Großhirn und Kleinhirn bestehen aus je zwei Hälften – der rechten und der linken Hemisphäre. Im Großhirn sind sie verbunden durch drei Bahnen (Kommissuren). Die größte Kommissur ist der Balken, das Corpus callosum.

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