Frage an das Gehirn

Was gibt es für Therapieoptionen bei der Alzheimer-Demenz?

Fragesteller/in: Herr S. aus O.

Veröffentlicht: 10.02.2019

Der Verlust von Gedächtnis und Persönlichkeit macht die Alzheimer-Krankheit zu einem der am meisten gefürchteten Leiden. Wir haben gefragt, welche Möglichkeiten der Behandlung es heute gibt.

Die Antwort der Redaktion lautet:

Prof. Dr. Michael T. Heneka, Direktor an der Klinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie der Universität Bonn:

Die Alzheimer-Krankheit ist eine Form der Demenz, die in unserer alternden Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten stark an Bedeutung zunehmen wird. Symptome dieser neurodegenerativen Erkrankung reichen von einem schlechter werdenden Kurzzeitgedächtnis über Orientierungsstörungen bis zu Persönlichkeitsveränderungen im fortgeschrittenen Stadium. Im Gehirn bilden sich im Verlauf der Krankheit Ablagerungen von Beta-Amyloid-Plaques in den Zellzwischenräumen, was als ursächlich für etwa 30 Prozent aller Erkrankungen angesehen wird. Eine andere Hypothese besagt, dass sich so genannte Tau-Proteine in Nervenzellen ansammeln und zu deren Zerstörung führen.

Behandeln lässt sich die Erkrankung je nach Schwere und Fortschritt auf verschiedenen Wegen. Zu den Medikamenten, die nach der Diagnose als erste eingesetzt werden, gehören die so genannten Acetylcholinesterase-Hemmer. Diese führen im Gehirn dazu, dass der Botenstoff Acetylcholin länger im Zwischenraum benachbarter Nervenzellen, dem synaptischen Spalt, verbleibt und so länger auf die nachgeschaltete Nervenzelle wirkt. Wird diese medikamentöse Behandlung angefangen, sollte sie nicht mehr abgebrochen werden, da sonst zumindest bei einigen Patienten starke Verschlechterungen des Zustandes drohen. Bei schwereren Fällen von Alzheimer wird zusätzlich ein Medikament namens Memantin gegeben, das einer neuronalen Übererregbarkeit entgegenwirkt. Es hemmt NMDA-Rezeptoren, die sonst auf den Botenstoff Glutamat reagieren. Mit Gabe dieser beiden Medikamente können höhere geistige Funktionen wie planerisches Handeln und Orientierung verbessert werden.

Leider führen beide Medikamenten-Klassen lediglich zu symptomatischen Verbesserungen und können den Verlauf der Krankheit nicht aufhalten, weshalb hohe Erwartungen von Angehörigen oft enttäuscht werden. Ein selbständiges Leben von diagnostizierten Patienten ist ohne Medikamententherapie etwa 3 Jahre möglich, und wird durch Einnahme beider Klassen im besten Fall auf etwa 5-8 Jahre verlängert. Ein Teil der Therapie, der keine Medikamente beinhaltet, befasst sich mit körperlicher Aktivität der Patienten. Bereits 2 Stunden pro Woche (!) führen oft zu wesentlichen Verbesserungen im Zustand bereits dementer Patienten. Leiden Patienten unter Ängsten und Halluzinationen, kann es von Vorteil sein, sie über ihnen bekannte Musik zu beruhigen und so quasi über eine Hintertür an ihr emotionales Gedächtnis zu gelangen. Am allermeisten sollte man es vermeiden, diese Patienten einfach wegzuschließen und sich selbst zu überlassen.

Es besteht Hoffnung, dass in Zukunft neue Therapiemöglichkeiten entstehen. So befinden sich bisher nicht zugelassene Wirkstoffe in klinischen Studien, die einer Impfung gegen die Amyloid-Ablagerung gleichkommen. Ein anderer experimenteller Ansatz gegen die Amyloid-Plaques besteht in der Hemmung der so genannten Beta-Sekretase. Dieses Enzym führt durch Spaltung eines Vorläufers zur Bildung der Beta-Amyloide. Beide Anwärter auf zukünftige Therapien befinden sich in fortgeschrittenen Stadien der Zulassung und könnten in nicht allzu ferner Zukunft auf den Markt kommen.

Der wichtigste Faktor bei der Therapie von Alzheimer ist und bleibt eine frühestmögliche Erkennung. Beim ersten Verdacht auf Alzheimer, zum Beispiel aufgrund einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses bei über 60-jährigen, sollte ein Neurologe oder Psychiater aufgesucht werden. Vorbeugen kann man der Erkrankung wohl am besten mit einem gesunden Lebensstil: viel Bewegung und Sport und eine gesunde Ernährung könnten wohl 1/3 aller Erkrankungen verhindern, auch wenn wohl nicht alle Risikofaktoren bekannt sind.

Aufgezeichnet von Andreas Grasskamp

Lizenzbestimmungen

Keine Nutzungslizenz vergeben:
Nur anschauen erlaubt.