Frage an das Gehirn

Demenz oder Vergesslichkeit?

Fragesteller/in: Anonym

Veröffentlicht: 18.12.2016

Wie kann man feststellen, ob ein Mensch dement ist, oder einfach nur vergesslich?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Antwort von Prof. André Fischer, Standortsprecher Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Standort Göttingen: „Man weiß nicht mehr, wo man den Schlüssel hingelegt hat oder erinnert sich nicht mehr an bestimmte Wörter: Solche Vergesslichkeiten sind im Alter ganz normal. Solange jemand selbst merkt, dass er etwas vergessen hat, ist das meistens unkritisch. Indiz für eine Demenzerkrankung sind dagegen Persönlichkeitsveränderungen. Betroffene Personen sind häufig unsicher oder aggressiv. Auch alltägliche Aufgaben, wie zum Beispiel Kochen, bereiten Schwierigkeiten: Das Gehirn ist mit der Koordination unterschiedlicher Aufgaben wie Schneiden, Würzen und Umrühren überfordert.

Demenzkranke vertuschen ihre Gedächtnisprobleme außerdem häufig. Menschen, die aus eigener Motivation zum Arzt gehen und abklären lassen, ob sie dement sind, sind es dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Erkrankte Personen kommen oft erst auf Initiative naher Angehöriger zum Arzt.

Dieser kann eine ganze Reihe von neuropsychologischen Tests durchführen, um eine Diagnose zu treffen. Dabei werden einfache Gedächtnisfunktionen abgefragt: Die Person muss zum Beispiel in Siebener-Schritten rückwärts von 100 herunterzählen, den aktuellen Wochentag und das Datum benennen oder eine Uhr zeichnen, die eine bestimmte Uhrzeit zeigt. Selbst bei beginnender Demenz haben viele Patienten mit diesen Aufgaben schon Schwierigkeiten. Der Arzt bewertet dann über ein festgelegtes Punktesystem, ob die betreffende Person an Demenz erkrankt ist oder nicht. Eine gesunde Person erreicht etwa 28 bis 30 Punkte, unter 24 wird es kritisch. Unter 18 erreichten Punkten hat eine Person ernstzunehmenden Beeinträchtigungen und wenn weniger als 9 Punkte erreicht werden, wird eine Person als dement eingestuft.

Neben diesen neuropsychologischen Tests kann man auch bildgebende Verfahren zur Diagnose anwenden. Eine Kernspintomographie zeigt strukturelle Veränderungen des Gehirns: Hat es sich gegenüber der Normalgröße deutlich verkleinert, deutet das auf abgestorbene Zellen hin. Der Hippocampus, der für das Speichern neuer Gedächtnisinhalte zuständig ist, ist bei vergesslichen Menschen zum Beispiel oft erheblich geschrumpft.

Ob es sich tatsächlich um eine Demenz handelt, können dann vor allem so genannte funktionelle bildgebenden Verfahren zeigen. Mit ihnen kann man Aktivitätsmuster im Gehirn, wie zum Beispiel den Zuckerverbrauch, messen. Bei Demenzkranken sind Stoffwechsel und Durchblutung oft dadurch vermindert, dass Zellen abgestorben sind und Zelldichte und Synapsenaktivität abgenommen haben. Auch Eiweißablagerungen im Gehirn, so genannte Plaques, können mit bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden. Sie sind ein zusätzlicher Hinweis auf eine Demenz.

Insgesamt ist die Krankheit aber noch sehr schlecht diagnostizierbar. Eine Demenz beginnt vermutlich bereits 20 Jahre, bevor sich erste äußere Anzeichen zeigen. Bis dahin sind schon so viele Gehirnzellen abgestorben, dass man kaum noch etwas gegen die Krankheit tun kann. Wichtig wäre daher die Entwicklung einer günstigen Früherkennungsmethode, zum Beispiel über Blutuntersuchungen. Dann könnten die Therapien, über die wir jetzt schon verfügen, eine Demenz vielleicht tatsächlich heilen.“

Aufgezeichnet von Natalie Steinmann

Motivation

Motivation/-/motivation

Ein Motiv ist ein Beweggrund. Wird dieser wirksam, spürt das Lebewesen Motivation – es strebt danach, sein Bedürfnis zu befriedigen. Zum Beispiel nach Nahrung, Schutz oder Fortpflanzung.

Demenz

Demenz/Dementia/dementia

Demenz ist ein erworbenes Defizit kognitiver, aber auch sozialer, motorischer und emotionaler Fähigkeiten. Die bekannteste Form ist Alzheimer. „De mentia“ bedeutet auf Deutsch „ohne Geist“.

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