Frage an das Gehirn

Kann uns unterschwellige Werbung beeinflussen?

Fragesteller/in: Maren W., via Internet

Veröffentlicht: 25.05.2012

Kurze Werbebotschaften in einem Reklamefilm kann man so kurz einblenden, dass der Zuschauer davon gar nichts mitbekommt. Können uns solche unbewussten Werbebotschaften tatsächlich zu einem Konsum verleiten, den wir gar nicht wollen?

Die Antwort der Redaktion lautet:

Professorin Dr. Christina Bermeitinger, Psychologin am Institut für Psychologie an der Universität Hildesheim: Die Frage, ob und inwiefern uns unterschwellige Werbung beeinflussen kann, wird besonders durch die angebliche Forschung eines zwielichtigen Marketingexperten aus dem Jahre 1957 befeuert. Damals wollte James Vicary in einem Kino gezeigt haben, dass er durch unterschwellige – da sehr kurze – Einblendung der Botschaften „Iss Popcorn“ und „Trink Coca Cola“ in Filmen den Verkauf von Popcorn und Cola in erstaunlichem Maße erhöhen konnte. Ein großer Aufschrei ging durch die Bevölkerung. Man entrüstete sich etwa, dass der menschliche Geist aufgebrochen und betreten worden war.

Nachdem Vicary selbst eingeräumt hatte, dass er die Daten zu Werbezwecken erfunden hatte, machten sich nichtsdestoweniger unzählige Wissenschaftler, Werbeexperten, Journalisten und weitere interessierte Laien daran, das Thema zu ergründen. Ernst zu nehmende wissenschaftliche Forschung gibt bis heute jedoch noch immer eher wenig.

Grundsätzlich können unterschwellige Reize in ganz unterschiedlicher Weise oder auf unterschiedlichen Ebenen Einfluss auf uns nehmen. Sie können etwa die Verarbeitung eines nachfolgenden Reizes verändern. Beispielsweise bewerten wir eigentlich neutrale Reize positiver, wenn uns vorher unterschwellig etwas Positives (zum Beispiel ein Smiley) und negativer, wenn uns vorher auf die gleiche Weise etwas Negatives (zum Beispiel ein ärgerliches Gesicht) gezeigt wurde. Man kann auch durch derartige Reize den motivationalen Zustand von Personen verändern. Sie können uns beispielsweise durstiger oder hungriger machen. Menschen trinken oder essen dadurch mehr und akzeptieren einen höheren Preis für ein Produkt.

In den wenigen seriösen Studien zur Wirkung von unterschwelliger Werbung zeigte sich, dass diese keinen prinzipiellen Einfluss auf den Konsum hat. Sie ist nur dann wirksam, wenn der Empfänger der Botschaft bereits ein Bedürfnis hat, welches dem beworbenen Produkt entspricht. Beispielsweise muss man durstig sein, damit die unterschwellige Werbung eines Durstlöschers wirksam ist. Allerdings lassen sich Personen, die sowieso normalerweise das beworbene Produkt konsumieren, durch derartige Reklamebotschaften nicht zu zusätzlichem Konsum bewegen. Unterschwellige Werbung kann vor allem bei neuen Produkten, bei denen es noch keine Gewohnheitskonsumenten gibt, wirken. Sie ist also für sehr bekannte Produkte noch weniger konsumsteigernd als für neue und damit fallen schon sehr viele potenzielle Güter, die beworben werden sollen, weg. Außerdem gibt es individuelle Gewohnheiten, die sich durch Reklame nur schwer beeinflussen lassen.

Überhaupt sind die Einflüsse von unterschwelliger Werbung sicherlich sehr viel weniger stark ausgeprägt als von Reklame, die klar sichtbar ist. Alles, was irgendwie auf uns oder unsere Sinne einwirkt, beeinflusst uns, egal, ob wir es bewusst bemerken oder nicht. Also keine Angst: Es ist sicherlich nicht so, dass wir durch unterschwellige Reklame roboterhaft die so beworbenen Produkte ohne jeglichen Willenseinfluss in gesteigertem Maße konsumieren.

Aufgezeichnet von Christian Wolf

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