Frage an das Gehirn
Übers Feuer, ohne sich die Füße zu verbrennen?
Veröffentlicht: 01.04.2017
Wie schaffen es manche Menschen, übers Feuer zu gehen, ohne sich die Füße zu verbrennen?
Die Antwort der Redaktion lautet:
Professor Dr. Markus Ploner, Technische Universität, München: Eine einfache Erklärung ist, dass diese Menschen eine besonders starke Behornung der Fußsohlen haben, was z.B. durch häufiges Barfußgehen bedingt sein kann. Das könnte erklären, warum die Haut der Fußsohlen dieser Menschen widerstandsfähiger gegen Hitze ist. Auch könnte das erklären, warum sie die Hitze weniger schmerzhaft als üblich wahrnehmen. Die Hornhaut wirkt als isolierende Schicht und die Hitze kommt so in geringerem Ausmaß bis zu den Nervenendigungen, deren Aktivierung Schmerz hervorruft.
Eine andere Erklärung ist, dass diese Menschen Schmerz anders wahrnehmen als üblich. Die meisten Menschen gehen nicht barfuß übers Feuer, da das mit starken Schmerzen verbunden wäre. Und genau dazu ist Schmerz da, er warnt uns und hält uns von Aktionen ab, die unsere Gesundheit gefährden wie z.B. barfuß übers Feuer zu gehen. Schmerz ist dabei aber keine 1:1-Übersetzung der Temperatur. Die Temperatur spielt zwar eine wichtige Rolle für den Schmerz, aber auch psychologische und genetische Faktoren beeinflussen, wie wir den Schmerz wahrnehmen. Die Wahrnehmung von Schmerz ist daher von Mensch zu Mensch und von Moment zu Moment sehr unterschiedlich.
Diese Unterschiede kommen z.B. durch die vorangegangenen Erfahrungen, die Erwartungen, die Aufmerksamkeit und die übergeordneten Ziele des Einzelnen zustande. Die Grundlagen dieser Einflüsse auf die Schmerzwahrnehmung liegen im Gehirn. Dort gibt es ein eigenes System, das man nutzen kann, um die Wahrnehmung von Schmerz zu modulieren.
Dieses System kann durch ganz unterschiedliche Mechanismen aktiviert werden. So wird zum Bespiel der Placebo-Effekt, d.h. die nur durch Erwartung bedingte Linderung von Schmerz über dieses System vermittelt. Auch Meditation kann dieses System aktivieren. Interessanterweise werden als Hirnbotenstoffe in diesem System Opioide verwendet, so dass wir dieses System auch bei medikamentösen Behandlungen von Schmerz mit Opioiden nutzen können.
Möglicherweise können Menschen, die übers Feuer gehen, dieses System besonders effektiv einsetzen. Dies führt ähnlich wie eine Opioidgabe zu einer Schmerzlinderung, die es ihnen erlaubt, üblicherweise sehr schmerzhafte Aktionen auszuhalten. Dieser Mechanismus könnte gut erklären, warum manche Menschen den Schmerz aushalten, der üblicherweise beim Gehen über Feuer auftritt. Warum die Haut der Fußsohlen nicht verbrennt, kann es jedoch nicht erklären. Aber vielleicht würden auch andere Menschen sich beim schnellen Gehen über Feuer nicht die Haut verbrennen, sondern nur starken Schmerz als Warnung vor einer möglichen Verbrennung wahrnehmen. Wissenschaftlich untersucht ist das aber nicht.
Aufgezeichnet von Maike Niet
Hornhaut
Hornhaut/Cornea/cornea
Die Hornhaut ist der vordere transparente Teil der äußeren Augenhaut. Sie ist bereits an der Lichtbrechung beteiligt, sorgt also dafür, dass das Abbild eines entfernten Objektes auf den Punkt des schärfsten Sehens der Netzhaut fällt.
Wahrnehmung
Wahrnehmung/Perceptio/perception
Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit/-/attention
Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.