Frage an das Gehirn
Was ist Dopamin-Fasten?
Veröffentlicht: 27.02.2022
Ich habe von Dopamin-Fasten gehört. Was ist das und was bringt das?
Die Antwort der Redaktion lautet:
Prof. Dr. Martin Korte: Leiter des Instituts für Zelluläre Neurobiologie und Direktor des Zoologischen Instituts an der TU Braunschweig: Der Begriff Dopaminfasten an sich ist sehr unglücklich gewählt. Der Begriff wurde in Kalifornien von Menschen geprägt, die für eine bestimmte Zeit insbesondere auf die Nutzung von digitalen Medien verzichten wollten. Dahinter steht die Annahme, dass sich dadurch ein eventuell vorhandenes Suchtverhalten wieder normalisiert. Allerdings suggeriert der Begriff, dass man generell sein Dopaminlevel senken sollte. Doch das ist nicht ganz korrekt, denn Dopamin ist nicht nur an der Entstehung von Süchten beteiligt. Es wird auch immer dann ausgeschüttet wenn wir neugierig sind oder etwas Positives erwarten.
Wenn wir etwas tun werden, was uns große Befriedigung verschafft -– das kann das Essen von Süßigkeiten sein, die Einnahme von Drogen, Rauchen oder aber auch bestimmte Verhaltensweisen – oder wenn wir etwas P ositives erwarten, dann wird Dopamin ausgeschüttet. Wenn das erwartete Ereignis dann eintritt, wird das Belohnungssystem des Gehirns aktiviert, was im Nucleus Accumbens Substanzen freisetzt, die mit Opium und Morphium verwandt sindm so dass die Gesamtsituation als positiv bewertet wird. Das wiederum wird an die Nervenzellen zurückgekoppelt , die das Dopamin ausschütten, so dass zukünftig in einer ähnlichen Situation ähnliche Mengen an Dopamin ausgeschüttet werden. Im Laufe der Zeit findet findet auf Seite der empfangenden Rezeptoren für Dopamin eine Runterregulierung statt. Das Gehirn versucht ein Gleichgewicht zwischen Dopaminfreisetzung und -wirkung herzustellen.
Das führt dazu, dass man beispielsweise bei Süchten die Dosis erhöhen muss. Bei Videospielen oder Social Media-Gebrauch kann die Folge sein, dass der Kick nicht mehr ganz so hoch ist. Man braucht es vielmehr, um ein Grundlevel aufrecht erhalten zu können. Und wenn man dann beispielsweise nicht mehr ganz so häufig Social Media verwendet oder Nachrichten in den Messengern nicht mehr ganz so häufig eintreffen, dann wird man unruhig, launisch und unzufrieden. Das, was einem ursprünglich mal einen positiven Kick gegeben hat, wird jetzt gebraucht, um eine n Grundzustand aufrecht erhalten zu können, ohne jedoch die erhoffte Freude dabei zu entwickeln. Bei Verzicht können sogar entzugsähnliche Zustände auftreten: Reizbarkeit, Angstzustände, Schlaflosigkeit und permanente Beschäftigung mit der Droge – i m E nglischen „Craving“ (Anmerkung: Verlangen) genannt.
Es gibt beispielsweise Untersuchungen, die zeigen, dass beim Videospielen große Mengen an Dopamin freigesetzt werden. Das wurde mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomografie (PET ) sichtbar gemacht. Die Auswirkung von Social Media-Nutzung ist deutlich schwieriger zu untersuchen, weil sie den ganzen Tag verteilt ist. Der Kick ist nicht ganz so stark ausgeprägt wie bei Videospielen. Hier werden die Auswirkungen durch die Aussagen von Menschen erfasst, die erzählen, was passiert und wie sie sich fühlen, wenn sie nicht an ihr Handy können oder Nachrichten nicht eintreffen.
Aber einfach mal so Fasten im Sinne von „ich v erzichte da mal ein paar Tage“ ist bei vielen Anwendungen nicht hilfreich. Bei Videospielen reicht es nicht, mal ein Wochenende nicht zu spielen. Da braucht es schon vier Wochen damit sich der Dopaminspiegel wieder auf ein Grundniveau einpegelt und man wieder offen ist, im Moment zu leben und nicht die ganze Zeit ans Zocken denkt. Es gibt S tudien aus den USA, die zeigen, dass sich bei Menschen mit Depressionen und Angstzuständen, die gleichzeitig viel spielen, nach vier Wochen ohne Spielen auch die Depressionen und Angstzustände gelöst haben. Und sie konnten nach den vier Wochen auch wieder mehrere Stunden pro Woche spielen, ohne dass es erneut zu einem Suchtverhalten kam. Sie haben sogar wieder Spaß am Spielen gefunden.
Aber wir müssen ja nicht direkt immer von Sucht reden. Viele gucken ständig aufs Handy, E-Mails werden innerhalb von kürzester Zeit beantwortet. Das reicht schon, um sich daran zu gewöhnen. Und hier muss man nicht vollständig entsagen. Es kann da schon hilfreich sein, mal ein Tag nicht auf sein Handy zu gucken oder nur zu bestimmten Tageszeiten, an denen man seine Emails checkt. Im Prinzip geht es um eine kontrollierte Nutzung, bei der man sich bewusst reguliert.
Zusammenfassend kann man sagen, dass wir Dopamin brauchen: V ollkommene Entsagung ergibt keinen Sinn und kann uns sogar schaden. Doch ein gewisses Maß an Kontrolle hilft, den Dopaminspiegel im Gleichgewicht zu halten.
Protokoll: Anke Lorenz-Hoppe
Positronen-Emissions-Tomographie
Positronen-Emissions-Tomographie/-/positron emission tomography
Ein bildgebendes Verfahren, mit dessen Hilfe Mediziner Stoffwechselvorgänge im Körper visualisieren können. Der Patient bekommt eine schwach radioaktive Substanz injiziert, die Positronen – also Beta-Strahlung – emittiert. Wenn die Positronen im Körper mit Elektronen zusammentreffen, wird Energie in Form von zwei Photonen freigesetzt. Diese streben in entgegengesetzte Richtungen auseinander. Im PET-Scanner sind rund um den Patienten Detektoren angeordnet, welche die auftreffenden Photonen registrieren. Auf diese Weise lässt sich nachverfolgen, ob sich die radioaktive Substanz in bestimmten Bereichen des Körpers anreichert, was beispielsweise Hinweise auf einen Tumor geben kann. Auch in der Frühdiagnostik von Demenzerkrankungen findet die Positronen-Emissions-Tomographie Anwendung. Die Strahlung ist medizinisch unbedenklich.