Question to the brain
Wie schnell speichert das Gehirn Bewegungsabläufe ab?
Published: 11.04.2021
Was ist die optimale Übungsdauer für einen neuen Bewegungsablauf, etwa ein Musikstück, ohne dabei das Gehirn zu überfordern?
The editor's reply is:
Professor Dr. Eckart Altenmüller, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover: Es gibt keine verbindliche optimale Übungsdauer, da es davon abhängt was der oder die Übende bereits alles kann, wie schwierig der Bewegungsablauf ist, ob die Person müde oder motiviert ist oder sich gut konzentrieren kann und vieles mehr.
Beim Üben ist es wichtig, sich nicht auf die Hände, sondern auf den Klang zu konzentrieren und mit Interesse und Freude dabei zu sein. Sobald die Gedanken jedoch abschweifen oder die Muskeln müde werden, sollte man aufhören zu üben. Denn nicht nur das Gehirn muss Bewegungsabläufe erlernen. Auch Muskeln, Knochen und Sehnen müssen sich an die neuen Bewegungen anpassen und entsprechend auf- und umgebaut werden. Beim Üben von Bewegungsabläufen ist es daher die Kunst, im richtigen Moment aufzuhören. Dieser Moment ist bei allen Übenden an jedem Tag unterschiedlich. Die Übenden müssen daher durch Selbstmanagement und eine Selbstachtsamkeit das Üben erlernen.
Wichtig sind auch Pausen. Bereits Mikropausen, also wenige Minuten andauernde Pausen, werden vom Gehirn genützt, um Geübtes zu konsolidieren. Während dieser Mikropausen ist das Gedächtnissystem hoch aktiv. Pausen gehören daher zum Üben absolut mit dazu.
Das Geübte sollte außerdem eine Nacht überschlafen werden, um dem Gehirn genügend Zeit für die Konsolidierung, also der Festigung der Information im Gehirn, zu geben. Man geht heute davon aus, dass das Wissen über ein Musikstück bevorzugt in der ersten Hälfte des Nachtschlafs Nachthälfte vom Gehirn verarbeitet wird. Das Können, also wie das Musikstück gespielt wird, bevorzugt in der zweiten Hälfte.
Mentales Üben, also die Vorstellung einer Bewegung, ist ebenfalls eine sehr gute Form Bewegungsabläufe zu festigen und zu verfeinern. Außerdem ist es förderlich Anderen beim Musizieren zuzuschauen und zuzuhören. Früher war man davon ausgegangen, dass das zeitlich nahe Üben von unterschiedlichen Bewegungsabläufen störend ist und den Lernprozess hemmt. Neue Untersuchungen zeigen jedoch, dass genau das Gegenteil der Fall ist und unterschiedliche, direkt hintereinander geübte Bewegungsabläufe langfristig besser im Gedächtnis gespeichert werden. Außerdem hilft es, neue Bewegungen erst langsam zu üben. Sobald man weiß, wie die Bewegung abläuft und wo sich zum Beispiel die Finger hinbewegen müssen, sollte man kleine Abschnitte des Bewegungsablaufs auch schnell üben.
Aber Achtung: Viele Musiker und Musikerinnen kennen das Phänomen des Über-Übens. Übertreibt man es mit den Übungseinheiten, kommt es nicht etwa zu einer starken Verbesserung der Fertigkeiten, sondern im Gegenteil sogar zu einer Verschlechterung.
Aufgezeichnet von Stefanie Flunkert
Gedächtnis
Gedächtnis/-/memory
Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.