Schmerzlich, aber unabdingbar

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Schmerzlich aber unabdingbar

Ob hämmernde Migräne oder brennender Stich im Rücken – viele wünschen sich, nie wieder Schmerz zu verspüren. Tatsächlich gibt es Menschen, denen jegliches Schmerzempfinden fremd ist. Doch was ein Segen zu sein scheint, entpuppt sich als Fluch.

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Peter W. Reeh

Veröffentlicht: 17.07.2018

Niveau: mittel

Das Wichtigste in Kürze
  • Die Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden, die so genannte Nozizeption, ist von anderen Sinnen weitgehend unabhängig.
  • Schmerzempfinden entsteht erst im Gehirn im somatosensorischen Cortex. Die Informationen hierzu werden von spezialisierten Nervenzellen, den Nozizeptoren, registriert.
  • Nozizeptoren werden durch äußere und innere Schädigung mechanischer, thermischer oder chemischer Art aktiviert.
  • Nozizeptoren haben Nervenendigungen in der Haut, in Gelenken und Organen und ein synaptisches Ende im Rückenmark, über das Impulse zur bewussten Schmerzwahrnehmung ins Gehirn oder zur unbewussten Reflexreaktion an motorische Nerven weitergeleitet werden.
  • Emotionale Bewertung durch das limbische System beeinflusst die subjektive Einschätzung der Schmerzintensität und das Leiden.

Cortex

Großhirnrinde/Cortex cerebri/cerebral cortex

Der Cortex cerebri, kurz Cortex genannt, bezeichnet die äußerste Schicht des Großhirns. Sie ist 2,5 mm bis 5 mm dick und reich an Nervenzellen. Die Großhirnrinde ist stark gefaltet, vergleichbar einem Taschentuch in einem Becher. So entstehen zahlreiche Windungen (Gyri), Spalten (Fissurae) und Furchen (Sulci). Ausgefaltet beträgt die Oberfläche des Cortex ca 1.800 cm2.

Schmerzlos durch Genmutationen und Krankheiten

Bei seinen Untersuchungen mehrerer schmerzfreier Kinder in einem Dorf in Pakistan ermittelte der Genetiker Geoff Woods vom Cambridge Institute of Medical Research einen erblichen Gendefekt als Ursache. Konkret war das Gen SCN9A mutiert. Normalerweise enthält es Informationen, um das NaV1.7-Protein herzustellen, einen wesentlichen Bestandteil einer Art Ventil in der Membran von schmerzempfindlichen Nervenendigungen. Ohne NaV1.7-Proteine funktionieren diese Ventile oder Kanäle nicht, sodass keine Natrium-Ionen durch die Membran dieser Sinneszellen fließen können. Deshalb kann kein Nervenimpuls entstehen, der normalerweise dem Hirn Schmerz signalisiert, wenn eine Verletzung vorliegt.

Doch nicht nur dieses Gen ist an der Schmerzwahrnehmung beteiligt: Forscher kennen inzwischen hunderte von Genen, die beim Schmerz eine Rolle spielen. Manche sind anscheinend für das Schmerzempfinden bei Kälte ausschlaggebend, Mutationen anderer Gene sorgen für verminderte Schmerzreaktionen auf Hitze – oder für die Steigerung des Schmerzempfindens allgemein.

Doch nicht immer sind Gene für eine veränderte Schmerzwahrnehmung verantwortlich: Wird die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus nicht behandelt, sterben Nervenzellen und damit auch Nozizeptoren ab und die Patienten entwickeln ein Taubheitsgefühl in Händen und Füßen und eine entsprechend verringerte Schmerzwahrnehmung. Mycobacterium leprae, der Erreger der Lepra-Krankheit, lässt ebenfalls Nervenzellen absterben. Die mit Lepra assoziierten Verluste von Körperteilen entstehen erst, weil die Infizierten Verletzungen nicht mehr wahrnehmen und versorgen und oftmals unter hygienisch schlechten Bedingungen leben – ganz ähnlich wie die schmerzfreien pakistanischen “Fakir”-Kinder.

Gen

Gen/-/gene

Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.

Gen

Gen/-/gene

Informationseinheit auf der DNA. Den Kernbestandteil eines Gens übersetzen darauf spezialisierte Enzyme in so genannte Ribonukleinsäure (RNA). Während manche Ribonukleinsäuren selbst wichtige Funktionen in der Zelle ausführen, geben andere die Reihenfolge vor, in der die Zelle einzelne Aminosäuren zu einem bestimmten Protein zusammenbauen soll. Das Gen liefert also den Code für dieses Protein. Zusätzlich gehören zu einem Gen noch regulatorische Elemente auf der DNA, die sicherstellen, dass das Gen genau dann abgelesen wird, wenn die Zelle oder der Organismus dessen Produkt auch wirklich benötigen.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Zwei Schmerzfasern, zwei Aufgaben

Es gibt Nozizeptoren vom A-Delta- und vom C-Typ, die jeweils unterschiedliche Aufgaben haben. Die A-Delta-Fasern sind mit Myelin-Scheiden ummantelt und leiten den Impuls mit 2 bis 30 Metern pro Sekunde schneller weiter als die myelinfreien C-Fasern, die etwa einen Meter pro Sekunde schaffen. Dadurch entsteht bei Verletzung die Empfindung eines ersten, stechend hellen Schmerzes, vermittelt über die A-Delta-Fasern, und eines zweiten, eher dumpfen brennenden C-Faser-Schmerzes.

Aufgrund ihrer Spezialisierung auf eine schnellere Erregungsleitung reagieren Nozizeptoren vom A-Delta-Faser-Typ weniger auf chemische Stimulanzien wie Histamin oder Bradykinin, die bei gängigen Verletzungen erst mit einiger Verzögerung ausgeschüttet werden. Hierfür sind die C-Fasern zuständig. C-Fasern sind es auch, die den eher schwer lokalisierbaren Tiefenschmerz melden. Er geht von Gelenken, Muskeln oder Knochen aus. Auch Schmerzen der inneren Organe, so genannte viszerale Schmerzen wie etwa bei einer Kolik, gehen auf die Aktivierung von C-Fasern zurück.

Vor einigen Jahren berichteten Zeitungen über einen pakistanischen Jungen, der über glühende Kohlen lief und sich Messer durch die Arme stach, offenbar ohne irgendwelche Schmerzen dabei zu empfinden. Seine Fakir-Show war eine Sensation in der Gegend und Gerüchte über den Jungen gelangten bis nach England, zum britischen Forscher Geoff Woods vom Cambridge Institute of Medical Research. Der Genetiker wollte den Jungen untersuchen und reiste nach Pakistan.

Im Herkunftsdorf des Jungen im Norden des Landes fand Woods weitere sechs Kinder aus drei Familien, die von Geburt an nie Schmerz empfunden hatten, sonst aber weitgehend gesund waren. Sowohl Berührungen als auch Kitzeln, Wärme und Kälte nahmen diese vier- bis vierzehnjährigen Kinder normal wahr, jedoch keine normalerweise schmerzhaften Reize. Den berühmten Fakir-Jungen jedoch konnte Woods nicht mehr befragen. Aufgrund der fehlenden Schmerzerfahrung war der knapp vierzehnjährige Junge mit einem Kunststück – einem Sprung vom Dach – zu weit gegangen und nach einem offenen Knochenbruch und einer Bakterieninfektion gestorben.

Schmerzempfinden ist eine überlebenswichtige Eigenschaft tierischer Organismen. Es hilft uns, Wissen anzueignen, das banal klingt, für den Jungen aus Pakistan aber schwer zu begreifen war: Die Hand gehört nicht auf die Herdplatte. Reißnägel sollte man nicht kauen. Ein gebrochenes Bein braucht Ruhe zum Ausheilen.

Wer keinen Schmerz empfindet, hat kein Warnsystem, beschädigt seinen Körper und riskiert Krankheit und Tod. Das galt auch für die schmerzfreien Kinder aus Pakistan: Woods entdeckte bei allen sechs Kindern zum Beispiel deutliche Lippenverletzungen. Manchen fehlten gar Teile der Zunge, wohl weil sie sich als Kleinkinder im Schlaf unbemerkt gebissen hatten. Frische Kratzer und Schnitte, alte Narben und Knochenbrüche diagnostizierte der Arzt – die Kinder hatten aufgrund ihrer Schmerzlosigkeit offensichtlich Schwierigkeiten zu lernen, gefährliche Situationen zu erkennen und zu meiden. Ursache war bei ihnen anscheinend eine Genmutation (siehe Kasten).

Nozizeptoren melden drohende Schäden ans Gehirn

Die Wahrnehmung von Schmerz verdanken wir den so genannten Nozizeptoren, freien Nervenendigungen, die bei einer Verletzung oder möglichen Schädigung des Körpers erregt werden. Überall im Körper sind diese spezialisierten Nervenzellen verteilt, ihre Signale senden sie über das Rückenmark ins Gehirn, wo die Erregung dann verarbeitet und als Schmerz gedeutet wird. Die Zahl der Nozizeptoren übersteigt die aller anderen Rezeptoren und ihr Meldesystem ist weitgehend unabhängig von anderen Sinneskanälen wie Wärmeempfinden oder Tastsinn. Das zeigt, wie zentral die Schmerzwahrnehmung für den Organismus ist.

Nozizeptoren sind Nervenzellen mit zwei langen Ausläufern. Das eine Ende fungiert als Sensor und sitzt in der Haut, aber auch in Gelenkkapseln und Organen. Das andere Ende führt zum Rückenmark, wo die Nozizeptoren mit Nervenzellen verschaltet sind, die ihre Signale zum Gehirn senden. Allerdings mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, denn es gibt zwei Nozizeptor-Typen: die A-Delta-Fasern, auch Typ-III-Fasern genannt, und die langsameren C-Fasern, auch als Typ IV bekannt (siehe Kasten).

Die Sensoren der Nozizeptoren sind spezialisiert auf die Umsetzung mechanischer und thermischer Reize, registrieren aber auch chemische Stoffe, die bei Verletzungen oder auch Entzündungen von Geweben freigesetzt werden. Darunter sind beispielsweise Botenstoffe oder Neurotransmitter wie Histamin, Serotonin, Prostaglandin oder Bradykinin, aber auch Kalium- und Wasserstoffionen. Die Stoffe binden an spezielle Rezeptormoleküle in der Membran des Nozizeptors, erhöhen dessen Empfindlichkeit oder lösen Nervenimpulse aus. Angeregte Nozizeptoren können jedoch nicht nur diesen elektrischen Hilferuf losschicken, sondern schütten auch selbst Stoffe wie die “Substanz P” aus, die zum einen die Impulsübertragung im Rückenmark verstärkt, aber auch Blutgefäßwände durchlässiger macht und Immunzellen herbeiruft.

Wahrnehmung

Wahrnehmung/Perceptio/perception

Der Begriff beschreibt den komplexen Prozess der Informationsgewinnung und –verarbeitung von Reizen aus der Umwelt sowie von inneren Zuständen eines Lebewesens. Das Gehirn kombiniert die Informationen, die teils bewusst und teils unbewusst wahrgenommen werden, zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck. Wenn die Daten, die es von den Sinnesorganen erhält, hierfür nicht ausreichen, ergänzt es diese mit Erfahrungswerten. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen und erklärt, warum wir optischen Täuschungen erliegen oder auf Zaubertricks hereinfallen.

Neuron

Neuron/-/neuron

Das Neuron ist eine Zelle des Körpers, die auf Signalübertragung spezialisiert ist. Sie wird charakterisiert durch den Empfang und die Weiterleitung elektrischer oder chemischer Signale.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Rezeptor

Rezeptor/-/receptor

Signalempfänger in der Zellmembran. Chemisch gesehen ein Protein, das dafür verantwortlich ist, dass eine Zelle ein externes Signal mit einer bestimmten Reaktion beantwortet. Das externe Signal kann beispielsweise ein chemischer Botenstoff (Transmitter) sein, den eine aktivierte Nervenzelle in den synaptischen Spalt entlässt. Ein Rezeptor in der Membran der nachgeschalteten Zelle erkennt das Signal und sorgt dafür, dass diese Zelle ebenfalls aktiviert wird. Rezeptoren sind sowohl spezifisch für die Signalsubstanzen, auf die sie reagieren, als auch in Bezug auf die Antwortprozesse, die sie auslösen.

Neurotransmitter

Neurotransmitter/-/neurotransmitter

Ein Neurotransmitter ist ein chemischer Botenstoff, eine Mittlersubstanz. An den Orten der Zell-​Zellkommunikation wird er vom Senderneuron ausgeschüttet und wirkt auf das Empfängerneuron erregend oder hemmend.

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Schmerz entsteht erst im Gehirn

Beide Nozizeptor-Typen sind zusätzlich im Rückenmark mit motorischen Nervenfasern verschaltet, die eine schnelle Reflexreaktion wie das Zurückziehen der Hand von der Herdplatte ermöglichen. Von einem Schmerz kann dann aber noch nicht die Rede sein, denn dazu müssen die Signale im Gehirn erst als Schmerz interpretiert und bewusst gemacht werden. Der Weg dorthin führt durch das schichtartig aufgebaute Hinterhorn der grauen Substanz des Rückenmarks.

Die Nervenbündel kreuzen im Rückenmark auf die Gegenseite und steigen als Vorderseitenstrang zum Hirn hinauf. Sie durchziehen den Hinterstamm und werden vom Thalamus an verschiedene Hirnareale weitergeleitet, wo die Impulse ausgewertet und als “Schmerz” interpretiert werden. Zu den Schmerzzentren im Gehirn gehören vor allem die somatosensorische Hinterrinde und die so genannte “Insula”, die etwa den Oberflächen- bzw. Tiefenschmerz dem Ursprungsort zuordnen, sodass beispielsweise quälendes Pochen im Daumen wahrgenommen wird und für den nächsten Hammerschlag eine bessere Augen-Hand-Koordination gelernt werden kann.

Zudem ist die vordere cinguläre Hinterrinde (ACC), die zum limbischen System gehört, an der Schmerzempfindung beteiligt: Sie scheint für die emotionale Bewertung des Schmerzes zuständig zu sein und bestimmt, wie viel Aufmerksamkeit wir dieser Empfindung geben. Interessanterweise scheint die ACC auch auf seelischen Schmerz, etwa nach Zurückweisung, zu reagieren.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Graue Substanz

Graue Substanz/-/gray matter

Als graue Substanz wird eine Ansammlung von Nervenzellkörpern bezeichnet, wie sie in Kerngebieten oder im Cortex (Großhirnrinde) vorkommt.

Rückenmark

Rückenmark/Medulla spinalis/spinal cord

Das Rückenmark ist der Teil des zentralen Nervensystems, das in der Wirbelsäule liegt. Es verfügt sowohl über die weiße Substanz der Nervenfasern, als auch über die graue Substanz der Zellkerne. Einfache Reflexe wie der Kniesehnenreflex werden bereits hier verarbeitet, da sensorische und motorische Neuronen direkt verschaltet sind. Das Rückenmark wird in Zervikal-​, Thorakal-​, Lumbal und Sakralmark unterteilt.

Thalamus dorsalis

Thalamus dorsalis/Thalamus dorsalis/thalamus

Der Thalamus ist die größte Struktur des Zwischenhirns und ist oberhalb des Hypothalamus gelegen. Der Thalamus gilt als „Tor zum Bewusstsein“, da seine Kerne Durchgangstation für sämtliche Information an den Cortex (Großhirnrinde) sind. Gleichzeitig erhalten sie auch viele kortikale Eingänge. Die Kerne des Thalamus werden zu Gruppen zusammengefasst.

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit/-/attention

Aufmerksamkeit dient uns als Werkzeug, innere und äußere Reize bewusst wahrzunehmen. Dies gelingt uns, indem wir unsere mentalen Ressourcen auf eine begrenzte Anzahl von Bewusstseinsinhalten konzentrieren. Während manche Stimuli automatisch unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, können wir andere kontrolliert auswählen. Unbewusst verarbeitet das Gehirn immer auch Reize, die gerade nicht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen.

Anteriorer cingulärer Cortex

Anteriorer cingulärer Cortex/Cortex cingularis anterior/anterior cingulate cortex

Der vordere Bereich des cingulären Cortex (Gyrus cinguli oder cingulärer Gyrus) spielt nicht nur bei autonomen Funktionen wie Blutdruck und Herzschlag eine Rolle, sondern auch bei rationalen Vorgängen wie der Entscheidungsfindung. Zudem ist dieser Hirnbereich in emotionale Prozesse involviert, beispielweise in die Kontrolle von Impulsen. Anatomisch zeichnet sich der anteriore cinguläre Cortex (ACC) dadurch aus, dass er eine große Zahl von Spindelneuronen besitzt. Diese speziellen Nervenzellen haben eine lange, spindelförmige Struktur und wurden bisher nur bei Primaten, einigen Wal– und Delfinarten sowie bei Elefanten gefunden. Spindelneurone tragen zu der Fähigkeit dieser Arten bei, komplexe Probleme zu lösen.

Schmerzempfinden ist subjektiv

Auch wenn wir unseren schmerzenden Körper hin und wieder verfluchen: Ohne die Dienste der Nozizeptoren würden wir wohl weder lange leben, noch aus Fehlern für unser zukünftiges motorisches Verhalten lernen. Doch für alle, die ihrem Empfinden nach etwas zu oft vom Schmerz geplagt werden, gibt es einen Trost: Das individuelle Schmerzempfinden bleibt immer subjektiv. Das limbische System bestimmt, wie ein Schmerz emotional bewertet wird.

So kann ein mit Ärger über die eigene Ungeschicklichkeit verbundener Schmerz intensiver empfunden werden als eine vergleichbare emotional neutralere Verletzung.

Je nach Situation und emotionaler Befindlichkeit muss also selbst eine ursprünglich hohe Frequenz von Signalen der Nozizeptoren nicht zu einer entsprechend starken Schmerzwahrnehmung führen. So sorgen beispielsweise endorphingesteuerte Glücksgefühle dafür, dass blaue Flecken und verdrehte Gelenke im Angesicht sportlichen Triumphs in den Hintergrund treten. Und eine entspannte Einstellung zur eigenen Ungeschicklichkeit hilft dabei, dass der pochende Daumen bald wieder vergessen ist.

Emotionen

Emotionen/-/emotions

Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.

zum Weiterlesen:

  • Cole, Jonathan, Waterman, Ian, Sacks, Oliver: Pride and a daily marathon. MIT Press, 1995.

Veröffentlichung am: 14.08.2011
Aktualisierung am: 17.08.2018

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