Frage an das Gehirn
Werden Erinnerungen durch Musik schneller wach?
Veröffentlicht: 09.05.2015
Stimmt es, dass Erinnerungen durch Geräusche, Klänge oder Musik schneller oder präziser hervorgerufen werden als durch Bilder (oder Fotos)?
Die Antwort der Redaktion lautet:
Prof. Dr. Ralf Rummer, Universität Erfurt: Die meisten von uns kennen vermutlich den Effekt, dass bestimmte Musik oder spezielle Melodien Erinnerungen an bestimmte Situationen und Erlebnisse wach rufen. Manchmal sind diese sogar stark mit anderen Sinneseindrücken verknüpft – Gerüche etwa, die am Ort des Geschehens herrschten. Das vermittelt den Eindruck, dass Musik autobiografische Erinnerungen besonders gut hervorrufen kann.
Auch Berichte aus der Arbeit mit Alzheimer-Patienten legen nahe, dass sich Klänge besonders tief im Gedächtnis verankern. Oftmals erinnern sich die Betroffenen selbst im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung noch an Melodien aus ihrer Kindheit. Sie reagieren darauf oder summen sie selbst. Das legt nahe, dass Musik für das Gedächtnis eine besondere Rolle spielt. Beides bedeutet jedoch nicht zwingend, dass Geräusche, Klänge und Musik besser erinnert werden beziehungsweise Erinnerungen besser hervorrufen als Bilder. Meines Wissens gibt es keine Studie, die einen solchen Unterschied schlüssig belegt.
Es gibt jedoch Untersuchungen, die zeigen, dass wir Bilder außerordentlich gut behalten – zumindest besser als Wörter. Das Gedächtnis speichert Bilder quasi doppelt: Einmal bildhaft und einmal verbal. Beim Lesen des Wortes „Hund“ aktivieren wir das entsprechende Wortkonzept im Langzeitgedächtnis. Betrachten wir dagegen das Foto eines Hundes, aktivieren wir sowohl das Bildkonzept als auch das Wortkonzept „Hund“. Das Bild wird also doppelt abgespeichert – Fachleute sprechen von doppelter Enkodierung. Das gilt als Grund dafür, dass wir uns Bilder sehr gut merken können.
Eine vergleichbare doppelte Enkodierung gibt es bei Klängen und Melodien nicht, da wir mit diesen nicht automatisch Wörter verknüpfen. Aus dieser rein kognitiven Sicht, sollten Bilder eigentlich besser erinnerbar sein und auch Erinnerungen besser hervorrufen als Geräusche und musikalische Reize. Doch so einfach ist die Sache nicht.
Eine Besonderheit von musikalischen Reizen, aber auch anderen Geräuschen ist, dass sie sehr stark mit Emotionen verknüpft werden. Und genau das spielt für die Qualität von Erinnerungen eine wichtige Rolle: Wir erinnern uns an Erlebnisse und andere Informationen besonders gut, wenn sie mit positiven oder negativen Emotionen verknüpft sind. Zwar gibt es auch sehr emotionale Bilder. Doch bei Musik ist die Wahrscheinlichkeit einer gedächtnisrelevanten Verknüpfung mit emotionalen Inhalten besonders hoch, da Musik direkt Einfluss auf unser emotionales Befinden nimmt. Das ist vermutlich einer der Gründe dafür, dass sie im Alltag fast aller Kulturen eine so immense Rolle spielt.
Aus der Verknüpfung von Musik mit emotionalen Inhalten folgt etwa, dass wir Texte sehr gut behalten können, wenn sie gesungen werden. Außerdem kann Musik, die uns sehr bewegt, dazu führen, dass wir uns die Umstände, unter der wir sie hören, besonders gut einprägen. Besonders emotional bewegende Musik könnte demnach durchaus positiven Einfluss auf unser autobiographisches Gedächtnis haben. Allerdings können Musik und andere Geräusche das Behalten auch negativ beeinflussen, ganz einfach, weil sie die Einspeicherung anderer, insbesondere verbaler, Informationen stören. Die Frage lässt sich also auf einer allgemeinen Ebene nicht eindeutig beantworten.
Aufgezeichnet von Stefanie Reinberger
Gedächtnis
Gedächtnis/-/memory
Gedächtnis ist ein Oberbegriff für alle Arten von Informationsspeicherung im Organismus. Dazu gehören neben dem reinen Behalten auch die Aufnahme der Information, deren Ordnung und der Abruf.
Langzeitgedächtnis
Langzeitgedächtnis/-/long-term memory
Ein relativ stabiles Gedächtnis über Ereignisse, die in der etwas entfernteren Vergangenheit passiert sind. Im Langzeitgedächtnis werden Inhalte zeitlich nahezu unbegrenzt gespeichert. Unterschiedliche Gedächtnisinhalte liegen in unterschiedlichen Gehirn-Arealen. Die zelluläre Grundlage für diese Lernprozesse beruht auf einer verbesserten Kommunikation zwischen zwei Zellen und wird Langzeitpotentierung genannt.
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.
Emotionen
Emotionen/-/emotions
Unter „Emotionen“ verstehen Neurowissenschaftler psychische Prozesse, die durch äußere Reize ausgelöst werden und eine Handlungsbereitschaft zur Folge haben. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns. Der Psychologe Paul Ekman hat sechs kulturübergreifende Basisemotionen definiert, die sich in charakteristischen Gesichtsausdrücken widerspiegeln: Freude, Ärger, Angst, Überraschung, Trauer und Ekel.